1. Bd. 3
- S. 235
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
235
✓
Vereinigte Staaten von Mittelamerika.
Borstenhaaren besetzt, über 5 F. lang und über 3 F. hoch, etwa von
der Größe eines Esels. Dabei hat er einen dicken langen Kopf, einen
leicht gekrümmten Rücken, sehr starke und kurze Beine und einen klei-
nen Schwanz. Die Nase ist ein kurzer fleischiger Rüssel, den er ver-
längern und verkürzen kann, und mit dem er die Speise zum Maule
führt, wodurch der Tapir sich dem Elephanten nähert, wahrend er in
seiner übrigen Gestalt, Haltung und Gang Ähnlichkeit mit dem Schweine
hat. Er geht mit etwas gewölbtem Rücken und vorgestrecktem
Kopfe, einzeln oder paarweise und nährt sich von Wurzeln, Wasser-
pflanzen, Krautern, Gras, Früchten, und richtet bisweilen in Zucker-
plantagen großen Schaden an, indem er das Zuckerrohr sehr liebt.
Seine Nahrung sucht er des Nachts auf, denn am Tage schlaft er.
Sein liebster Aufenthalt sind einsame, dichte Wälder, nahe an Flüssen,
Seen oder Sümpfen, worin er sich gern walzt und badet. Er ist
furchtsam und scheu und flieht vor Feinden ins Wasser, worin er
nicht nur gut schwimmt und untertaucht, sondern auch bis auf den
Grund geht. Wo diese Thiere häufig sind, da machen sie sich öfters
eigene gebahnte Wege durch die Wälder, welche sie immer passiren.
Begegnet man ihnen auf diesen Wegen, so ist man in Gefahr erdrückt
oder beschädigt zu werden, wofern man nicht ausweichen kann; denn
sie selbst weichen nicht. So friedlich auch der Tapir ist und so leicht
er sich auch zahmen laßt, und dann zutraulich wird, so weiß er sich
doch auch im Nothfall zu vertheidigen, packt feine Feinde mit den
Zähnen und zerstampft sie mit den Füßen. Sein Fleisch wird gegessen,
und gleicht, wenn das Thier noch jung ist, dem Rindfleische. Aus
der gegerbten Haut werden vortreffliche Stiefelsohlen bereitet und sie
wird von den Indianern als Material zu Verfertigung von Schildern
ungemein geschätzt, da sie dicker ist, als das stärkste Ochsenleder.
Von der Jagd, die man in Brasilien auf dieses Thier macht,
erzählen die Baierifchen Gelehrten Spix und Martius, welche im
Auftrage ihrer Regierung dieses Land in den I. 1817—1819 berei-
sten, und Antheil an einer Tapirjagd nahmen, Folgendes: „Die Jagd
auf den Tapir ist besonders angenehm, weil sie zugleich gefahrlos ist.
Mehrere Jäger stellen sich in die Niederungen des Waldes, durch
welche die Tapire aus den benachbarten Sumpfwiesen zu wechseln pfle-
gen. Ein jeder nimmt seinen Stand an einem starken Baume, um
sich, wenn das Thier gerade auf ihn zulaufen sollte, dahinter verbergen
zu können, und erwartet hier das Wild, welches durch einige Treiber
und die Hunde aufgeschreckt, die gewohnten Wege durch den Wald
einschlägt. Der Tapir, von den bellenden Hunden verfolgt, bricht mit
vorgestrecktem Kopfe in gerader Linie durch das Dickicht, alles vor sich
nieder werfend, was ihm in dem Wege steht. Der Lärm ist so groß,
daß selbst der erfahrene Jäger scheu hinter den Schutz seines Baumes
tritt, um von hier aus das Thier in Hals oder Brust zu treffen.
Die Brasilianer bedienen sich auf dieser Jagd sehr langer Kugelflinten.