1. Bd. 3
- S. 254
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
der Sklavin ist wieder Sklave, wenn auch sein Vater ein Weißer ist.
Gewöhnlich erhalt es aber doch in diesem Falle mehr Bildung und
ein gemächlicheres Leben, indem dergleichen Kinder, wenn sie erwachsen
sind, als Hausdiener, Schreiber, Buchhalter oder Aufseher gebraucht
werden. Überhaupt giebt es viele Freie unter den Farbigen; ja in
Hayti sind sie im Besitze der Regierung und aller Civil- und Miltär-
ämter und bilden gleichsam den Adel des Volks. In den Brittischen
Kolonien sind zwar seit 1834 alle Farbige so wie die Neger frei,
doch in den Augen der Englischen Kreolen bloß wegen ihrer Abstam-
mung Gegenstände der Verachtung. Weder Reichthum noch Ansehen,
weder Bildung noch Verdienste und persönliche Liebenswürdigkeit sind
im Stande, dieses tief eingewurzelte Vorurtheil zu besiegen und die
strenge Absonderung der Weißen von den Farbigen aufzuheben. Hin-
gegen in den Französischen Kolonien ist der Zustand der freien Farbi-
gen dem der Weißen fast gleich, und viele unter ihnen besitzen Land-
güter und sind von ihren weißen Landesleuten geachtet. Manche
Farbige, die irgend eine nützliche Handthierung erlernt haben und flei-
ßig sind, erwerben sich ein beträchtliches Vermögen. Sie halten
Werkstätten und Buden, als Tischler, Bötticher, Zimmerleute, Schmiede,
Schneider, Goldschmiede, Juwelirer rc.; sie haben eine Menge öffent-
licher Wirthshäuser inne, so wie sie vielerlei Handel, vorzüglich Klein-
handel und mit Eßwaaren treiben und überhaupt den thätigsten, ge-
werbfleißigsten Theil der Einwohner bilden.
Die Neger übersteigen an Zahl alle andern Bewohner West-
indiens bei Weitem, am größten ist die Ungleichheit der Negerbevölke-
rung gegen die Weißen in dem Brittischen Westindien, wo die Neger
gegen die Weißen fast wie 10 zu 1 sich verhalten. Doch sind sie
hier seit 1834 für frei erklärt, und in Hayti befinden sie sich seit diese
Insel sich frei von der Europäischen Herrschaft gemacht hat, in dem
Zustande der Freiheit. Allein auf allen übrigen Westindischen giebt
es zwar auch Freinegec oder Freigelassene, die ursprünglich der Zufrie-
denheit der Herren mit ihren Diensten oder der eigenen Loskausung
mit ihrem Vermögen ihre Freilassung verdanken und Kaufleute, Hand-
werker rc. sind, aber die bei Weitem größte Zahl der Neger daselbst
befindet sich noch im Zustande der Sklaverei, und es giebt Plantagen-
Besitzer, die mehrere hundert solcher Negersslaven haben. Ihrer Be-
schäftigung nach werden sie in Feld- und Hausneger eingetheilt.
Der Zustand der erstem ist der schlimmste, indem sie die Feldarbeit zu
verrichten haben und hierdurch dem Europäer seinen reichen Gewinn
aus diesen Inseln erwerben müssen. Auf Zuckerplantagen z. B. ist
das vorzüglichste Geschäft derselben, das zum Zuckerbau bestimmte Land
zu bearbeiten und zu bepflanzen, das reise Rohr abzuschneiden, die
Zuckermühlen zu besorgen und in den Zucker- und Rumsabriken zu
helfen. Mit Sonnen-Aufgang werden sie durch den Vchall eines
Horns oder- einer Glocke zur Arbeit gerufen und in besondern Haufen