1. Bd. 3
- S. 258
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
*'
Herr ist verbunden, für die Pflege der kranken Neger zu sorgen, da-
her hat jede ordentlich eingerichtete Plantage ein zu einem Hospitale
bestimmtes Gebäude.
Unter einem Theile der Neger hat das Christenthum Eingang
gefunden, vorzüglich durch die Bemühungen der Mahrischen Brüder
und Methodisten. Ein großer Theil aber ist noch dem Heidenthum
ergeben und glaubt an Zauberer und Beschwörer, die sie Obiah-
Manner und Obiah-Weiber nennen. Diese besitzen gewöhnlich
eine sehr gute Kenntniß von giftigen, in Westindien wachsenden Krau-
tern, welche sie häufig andern, die von ihnen Zaubermittel verlangen,
geben, um sie gegen diesen oder jenen zu gebrauchen. An dem Aber-
glauben hangen sie überhaupt so fest, daß selbst viele von ihnen, die
sich zur christlichen Religion bekennen, doch in allem, was sie selbst
betrifft, sich nie von dem abergläubischen Vertrauen losmachen können,
das sie in die Macht der Todten, der Sonne, des Mondes setzen,
ja selbst in Steine und Erde von Gräbern, die sie in Flaschen in
ihren Garten aufhangen. Auf Hayti ist unter den Negern als die
allein herrschende und Staatsreligion die Römisch-katholische eingeführt.
Seit der Ankunft der Europäer auf den Westindischen Inseln
hat' sich der Kulturzustand derselben gänzlich verändert. Man sieht
jetzt da, wo sonst undurchdringliche Waldungen und elende Hütten der
Ureinwohner sich befanden, zahlreiche, schön geordnete und mannigfal-
tige Pflanzungen mit Wirthschaftsgebäuden, Dörfer, Flecken und Städte,
deren Hasen voll von Schiffen der Europäer sind. Diese in West-
indien durch die Europäer eingeführte Kultur bereitete ihnen eine
Menge neuer Genüsse, trug sehr zur Veränderung der Lebensweise bei
und gab ihrer Industrie, ihrem Handel und ihrer Schifffahrt einen
neuen Schwung und eine größere Ausdehnung. Doch hat sich jetzt,
vorzüglich auf den kleinern Antillen der Ertrag und Gewinnn der Kul-
tur vermindert, da der Anfangs so fruchtbare Boden durch die Unter-
lassung der Düngung und dadurch, daß man, ohne zu wechseln,
immer einerlei Gewächse auf demselben Boden bauete, äußerst er-
schöpft ist.
Die Hauptkultur besteht in Westindien nicht wie in Europa in
der Landwirthschaft, sondern im Plantagenbau oder in der Gewinnung
der schätzbaren Kolonialwaaren, besonders des Zuckers, des Kaffees und
der Baumwolle, welche die Stapelwaaren Westindiens ausmachen,
wozu einige minder wichtige, als Indigo, Kakao, Roucou, Tabak, Pi-
ment rc. kommen. Alle übrigen Kulturzweige sind dem Plantagenbau
untergeordnet, und dienen bloß zum Behuf desselben. Unter einer
Plantage oder Pflanzung versteht man einen dem ersten Anbauer
verwilligten und von ihm auf seine Nachkommen übertragenen Strich
Landes, wovon der größte Theil zum Anbau irgend einer der Kolonial-
waaren benutzt wird; ein kleiner Theil ist den Viehweiden, ein anderer der
Erzeugung der für den Unterhalt der Sklaven nöthigen Landesgewächse