1. Bd. 3
- S. 277
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Colombische Republiken.
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lang es Bolívar, die Einheit der Republik Colombia zu erhalten, bis
endlich im I. 1830, in welchem auch Bolívar starb, Venezuela sich
von Colombia trennte und sich für eine eigene Republik erklärte.
Diesem Beispiele folgte 1831 auch das übrige Colombia, indem es
sich in die zwei besondern Republiken Neugranada und Ecuador (Quito)
theilte. So bestehen also jetzt statt der einen ungetheilten Republik
Colombia, drei von einander unabhängige Republiken Venezuela, Neu-
granada und Ecuador, die einen Freundschasts- und Allianz-Vertrag
mit einander abgeschlossen haben, wodurch sie sich gegenseitig ihre Un-
abhängigkeit garanticen und ihre Kräfte zu vereinigen, sich anheischig
machen, im Fall sie angegriffen würden, es sey von einem innern oder
äußern Feinde. An der Spitze jeder Republik steht ein Präsident.
Die Sklaverei ist allenthalben abgeschafft und die vorher auf ganz
Colombia haftenden Staatsschulden sind verhältnismäßig unter die
3 Republiken vertheilt. Venezuela hat den größten Flächenraum und
ist ohngefähr zweimal so groß wie Deutschland, aber von nicht völlig
einer Million Menschen bewohnt. Neugranada ist zwar dem Areal
nach kleiner, ohngefähr so groß wie Frankreich und Spanien zusammen,
hat aber fast noch einmal so viel Einwohner als Venezuela. Ecuador,
etwa so groß wie Spanien, Portugal und Italien zusammen, zählt
aber nicht mehr Einwohner als Kurhessen. Auch die innern Verhält-
nisse sind in Venezuela und Neugranada besser geordnet als in Ecua-
dor, das sich noch in einem sehr ungünstigen Zustande befindet.
Zwei der größten Ströme Südamerikas bewässern das Gebiet der
Colombischen Republiken, der Orinoco die nördlichen und der Ma-
ranhon die südlichen Gegenden. Von dem letztem werden wir bei
Peru reden, von dem Orinoco aber wollen wir hier einige Nachrich-
ten mittheilen. Dieser mächtige Strom durchstießt einen großen Theil
der Republik Venezuela, wo er auch seine Quelle und seine Mündung
hat, und berührt zugleich die Ostgränze der Republik Neugvanada.
Die Quellen dieses Stromes hat noch kein Europäer gesehen, doch
weiß man, daß sie im Parime-Gebirge Guayanas sich befinden, wo
er aus dem See Ipava hervorgehen soll. Der berühmte Humboldt
fuhr den Orinoco bis über Esmeralda hinaus, wo aber die Wildheit
der Guaharibos-Jndianer das Vordringen bis zu den Quellen unmög-
lich machte.
Merkwürdig ist sein spiralförmiger Lauf, wodurch er das Parimc
Gebirge umkreiset. Bald nach seinem Entstehen fließt er südlich,
hierauf westlich, dann nördlich und zuletzt östlich, so daß seine Mün-
dung nur etwa 100 M. von seiner Quelle entfernt ist, ungeachtet
die Länge seines ganzen Laufs, wegen der großen Krümmungen 300
bis 330 M. betragt. Auf der ersten Strecke seines Laufs von etwa
75 M. ist er sehr reißend und führt schon eine mächtige Wassermasse
mit sich, indem er bereits 6^ Tagereisen oberhalb Esmeralda eine
Breite von 1800 bis 2400 F. hat. Sobald der Strom das höhere