1. Bd. 3
- S. 301
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Colombische Republiken.
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orten Hausen und ihre Kaziken haben — und aus solchen, die das
Christenthum und Civilisation angenommen haben und als Staatsbürger
angesehen werden. Von einigen der verschiedenen Indianerstämme foo
gen hier kurze Schilderungen.
Die Guara unos oder Guarahuns bewohnen die von den
vielen Mündungsarmen des Orinoco gebildeten zahlreichen Inseln, le-
den in völliger Unabhängigkeit und weichen durch ihre Lebensart von
allen andern Indianern ab. Die Jagd bildet nur einen geringen
Theil ihrer Beschäftigung. In der trocknen Jahrszeit begeben sie sich
nach den kleinern Inseln, deren trocknes Unterholz sie in Brand stecken.
Die verschiedenen Thiere eilen nun ins Wasser, um sich nach dem
festen Lande zu flüchten; hier werden sie von den Guaraunos in
Empfang genommen und getödtet. Ihre Hauptbeschäftigung macht
der Fischfang aus, welchen sie auf mannigfache Art betreiben: zuweilen
in einem Kahne bei Fackellicht, wo sie größere Fische mit einer Art
aus hartem Holze verfertigten Wurfspeer treffen, zuweilen mit Pfeil
und Bogen, die sie auf eine ungewöhnliche Weise handhaben; sie
schießen in weitem Bogen und der herabfallende Pfeil trifft sein Ziel
mit nie fehlender Sicherheit. Man sieht sie wohl, während ihr Kahn
von der Brandung geschaukelt wird, auf eine kleine Flußtaube schießen
und sie hinten am Halse, dem einzigen verwundbaren Theile treffen.
Die Sicherheit des Blicks bei diesen Wilden ist wahrhaft erstaunlich;
sie unterscheideu auf große Entfernung einen Fisch im Wasser und
werfen von ihren Kähnen aus ihre Speere mit vollkommner Sicher-
heit. Sie haben eine besonders für die Jagd äußerst schätzbare Art
von Hunden, die man in Trinidad oft mit 50 Dollars bezahlt. Sie
gebrauchen sie vorzüglich, um Fische in den seichten Seen ihrer Inseln
zu fangen, da diese Hunde halb amphibisch sind.
Die Art, wie die Guarahuns ihre Wohnung bauen, gehört zu
der größten Merkwürdigkeit ihrer Lebensweise. Sie bewohnen die größ-
ten unter den Inseln, wo eine große Menge Palmen so dicht neben
einander wächst, daß ihre dicken Blätter sich in einander schlingen; diese
flechten sie fest zusammen und machen eine sogenannte Ajupa daraus;
so leicht diese Blätterwohnungen sind, so schützen sie doch vollkommen
gegen das Wetter; kein Regen kann sie durchdringen, und die sisch-
beinartige Biegsamkeit der Blätter ist so groß, daß auch im heftigsten
Sturme nur selten eine solche Wohnung zerstört wird. Der Strom
mag ihre Inseln überströmen, sie bleiben ruhig in ihren nesterartigen
Wohnungen, und ihre Kahne, unterhalb an den Baum befestigt, schau-
keln auf den Wellen.
Die Guarahuns sind groß und stark. Ihr Körperbau ist weit
schöner, als bei vielen andern Indianern. Sie gehen nackt, nur mit
einer kleinen Schamdecke versehen, färben sich den Leib mit Roucou
(B. Hl, 258) und schmücken sich den Kopf wohl auch mit Papageien-