1. Bd. 3
- S. 326
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
Thal vvn Luringaneho öffnet, durch welches der aus den Gebirgen
kommende Rimac fließt, von da seinen Lauf längs der an seinem
linken Ufer gelegenen Stadt verfolgt, und dann sich ins Meer ergießt.
Auf dem rechten Ufer des Flusses liegt die von den armem Klassen
bewohnte Vorstadt San Lazaro, welche eine Brücke mit der eigentli-
chen Stadt verbindet. Diese steinerne prächtige Brücke hat 5 zirkel-
förmige Bogen, und an beiden Geländern der Brücke befinden sich
steinerne Bänke, die des Abends bei der eintretenden angenehmen Kühle
von den Einwohnern besetzt sind, welche von dort eine angenehme
Aussicht über die Berge und den rasch dahin eilenden Fluß haben,
den man, wenn in dem Gebirge kein Regen gefallen oder Schnee ge-
schmolzen ist, bequem durchwaten kann. Ist dies aber der Fall, so
schwillt er zu einem fürchterlichen Strom an, der nur mit der äußer-
sten Vorsicht zu befahren ist.
Der Reisende, der zur See nach Lima kommt, betritt zuerst das
Land zu Callao das li M. von der Hauptstadt gelegen, als deren
Hafen angesehen werden kann. Von Callao führt eine Kunststraße
nach Lima, das von dieser aus mit seinen vielen kuppelsörmigen Thür-
men, Domen und Säulenhallen, welche Ähnlichkeit mit Moscheen ha-
den, ein schönes Ansehen, fast wie einer Maurischen Stadt darbietet,
so daß die Erwartung des Reisenden sehr erregt wird, und besonders
hoch steigt durch das herrliche Eingangsthor auf dieser Seite, das einen
schönen dreifachen Bogen mit Säulen zeigt. Allein beim Eintritt in
die Stadt selbst sieht der Reisende seine gespannte Erwartung aufs
Unangenehmste getäuscht; denn er befindet sich auf einer langen
Straße, mit niedrigen Häusern besetzt, ohne Glasfenster, und mit klei-
nen Läden, deren Waaren auf Tischen ausgelegt sind. Eine Volks-
menge von allen Farben, vom schwarzen Afrikaner bis zum rothbacki-
gen Biscayer treibt sich auf den Straßen umher, und bietet für den
Europäer ein ganz -neues Schauspiel.
Übrigens ist die Stadt, die einen Halbkreis bildet, regelmäßig ge-
baut, ihre Straßen, meistens 23 F. breit, sind gerade und durchschnei-
den einander in rechten Winkeln, so daß dadurch 137 Quadrate ent-
stehen. Die Länge der Stadt beträgt von O. nach W. etwa eine
Stunde und die Breite von der Brücke über den Rimac bis zur
Stadtmauer f Stunde. Wegen der häufigen Erdbeben sind die Häu-
ser niedrig, die höchsten zweistöckig und mit Balkons versehen, in der
Regel aber einstöckig. Das Äußere derselben nimmt sich um so we-
niger Vortheilhaft aus, als sie vorn heraus keine Glasfenster haben;
hierzu kommen flache Dächer, auf denen man herumspazieren kann
und auf welchen man zuweilen Blumen und Zierpflanzen erblickt.
Die Häuser sind von Backsteinen und von Fachwerk, haben aber einen
Überzug von Gyps, so daß sie massiv zu seyn scheinen. Auch sind
oft allerlei Verzierungen und Freskomalereien auf den Mauern dersel-