1. Bd. 3
- S. 341
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Chile.
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den kühnen und gefahrvollen Übergang über das hier 15—16,000 F.
hohe Gebirge der Anden unternahm, um von einer Seite, wo die
Spanier es nicht vermutheten, in Chile einzudringen und das Land
vom Spanischen Joche zu befreien. Der kaum für die Gebirgsjäger
zugängliche Weg, welcher oft mit großem Aufwand von Zeit und
Kräften gangbar gemacht werden mußte, die Kalte auf der Höhe des
Gebirgs, ohne irgend ein Mittel, sich Feuerung zu verschaffen, war
für Menschen und Thiere lebensgefährlich. Viele Soldaten erfroren,
andere starben an Brustbeschwerden, an denen das ganze Korps litt,
manche verunglückten, aber dennoch war der Verlust an Menschen ge-
ring gegen den an Pferden und Maulthieren. Von den 1600
Pferden und 9300 Maulthieren, die man zur Fortfchaffung der Le-
bensmittel, Fourage und Munition mit sich genommen hatte, gelang-
ten trotz der größten Sorgfalt bloß 4300 der letzter» und 500 der
ersten nach Chile. Überrascht und erstaunt sahen die Spanier San
Martin mit feinen Truppen von den Anden herabsteigen, deren Über-
gang sie für durchaus unmöglich gehalten hatten. Am 12. Februar
1817 schlug er die Spanier bei Chacabuco, und eroberte die Haupt-
stadt Santiago, worauf am 18. Januar 1818 der Kongreß die Un-
abhängigkeit Chiles erklärte. Zwar trugen späterhin die Spanier wie-
der einen Sieg über die Patrioten davon, allein die Schlacht am
Maipoflusse am 5. April 1818, worin San Martin die Spanier '
unter Osorio gänzlich schlug, entschied die Befreiung des Landes, und
es blieb bloß die Insel Chiloe in der Gewalt der Spanier, die aber
auch 1826 von den Republikanern erobert wurde. Zwar traten nun
vielfache innere Unruhen von den verschiedenen Partheien unter den
Patrioten selbst erregt in Chile ein und bedrohten die Sicherheit des
Staates, ader endlich fand das Land nach vielen Stürmen Ruhe und
Sicherheit; und seitdem hat Ordnung-immer mehr sich zu entwickeln
angefangen, so wie auch Handel und Industrie und Kultur auf eine
überraschend schnelle Weise zunehmen, mehr wie in dem benachbarten
Peru, mit welchem jetzt Chile in einen Krieg verwickelt ist.
Von der natürlichen Beschaffenheit des Bodens dieses Landes
macht ein Reisender der neuesten Zeit, der gelehrte Deutsche Pöppig
folgende Schilderung: ,,Die Provinzen Chiles im N. und S. sind
sehr von einander verschieden in Hinsicht des Klimas, Bodens, der
Produkte und selbst in Hinsicht der Menschen. Von dem nördlichsten
Gränzpunkte bis zum Maulefluffe (34" 40' S. Br.) erstreckt sich
als nördliche Halbschied ein Land, welches in vieler Rücksicht dem be-
nachbarten Peru ähnlich ist. Dieses nördliche Chile ist ein Land,
welches am steilen Abfalle der Anden gelegen, unordentlich von Berg-
ketten durchschnitten, wenige Flüsse enthält, Pflanzenboden nur in ge-
ringerer Menge darbietet, aber, vermöge eines überaus günstigen Kli-
mas, wahrend einer schnell vergänglichen Periode äußerst fruchtbar ist,
mehr unnützliche als kultivirbare Ländereien enthält, rücksichtlich seiner