1. Bd. 3
- S. 345
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Chile.
Glanzpunkt bezeichnet, so werden wir die Beschreibung der Pehuen-
chen auf die Rubrik Patagonien versparen, und beschranken uns hier
auf eine Schilderung der merkwürdigen Araucanen, einem tapfern,
kriegerischen Volke, das seit der Eroberung Chiles durch die Spanier
im 16. Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag in feiner völligen Un-
abhängigkeit sich behauptet und viele Beweise seiner Tapferkeit gegeben
hat. Bei der in Chile ausgebrochenen Revolution nahmen sie die
Parthei der Königlichen und fügten den Republikanern großen Scha-
den zu. Auch noch jetzt stehen sie in Feindseligkeiten mit diesen,
welche so wie früher die Spanier nur einige Küstenplatze, worunter
Valdivia am wichtigsten ist, besitzen. Ihr Gebiet nennen die Geogra-
phen Araucania, Arauco, oder auch wohl Südchile, und der
Fluß Biobio macht die anerkannte Gränze zwischen Chile und dem
Lande der Araucanen. Einige schätzen die Zahl derselben auf 80,000,
andere nur aus 40,000, worunter sich 8000 streitbare Männer be-
finden. Nach den neuern Nachrichten, die Pöppig über dieses Volk
mittheilt, hat ihre Nahe oder Entfernung vom Ozeane und die daher
entstehende Verschiedenheit ihrer Lebensart die Theilung der Araucanen
in 2 Hauptaste, Indios Costinos (Küsten-Jndiancr von Valdivia
bis Arauco) und Moluches, Bewohner der am Fuße der Anden
sich erstreckenden Ebenen hervorgebracht, welche beide Volkszweige sich
als verschiedene Völker ansehen. Die Costinos haben außerordentlich
in dem letzten Kriege mit Chile gelitten und sollten 1828 nicht im
Stande seyn, auch nur 1000 Mann in den Krieg zu senden und sie
stehen jetzt mit Chile auf einem ziemlich guten Fuße.
Die Eintheilung des Landes dieser beiden Hauptzweige der Arau-
canen ist höchst willkührlich und die Eintheilung in Provinzen und in
angebliche Militärdistrikte, welche die Geographen gewöhnlich nach al-
tern Nachrichten von Araucanien aufführen *) epistirt, wie Pöppig be-
*) Sogar Baldi in seinem Abrégé de Geographie, à Paris, 1833 behält
diese ältern unrichtigen Angaben bei, und sagt: „Araucanien wird in
4 Uthal-Mapus oder Regierungen eingetheilt, deren jede aus
9 Provinzen besteht, von welchen jede wieder in 9 Bezirke zerfallt.
Die Uthal-Mapus werden von 4 Toquis regiert, von welchen zwar
jeder innerhalb seines Gebietes, in Bezug auf die bürgerliche Ver-
waltung, unabhängig von den übrigen dreien ist, welche aber doch
zum allgemeinen Besten des Landes mit einander verbündet sind. Die
Würde dieser Toquis, so wie auch die der untergeordneten Statthalter
in den Provinzen und Bezirken ist in männlicher Linie erblich. Die
ganze Regierungsverfassung dieses Landes hat die auffallendste Ähn-
lichkeit mit der Militäraristokratie der ehemaligen Herzoge, Grafen
und Marquis in den nördlichen Staaten der alten Welt, obschon sie
bereits lange vor der Ankunft der Spanier in diesem Theile Ameri-
kas eingeführt war." Drei Adelsstufen sollen in Araucania Statt
sinden, von welchen die niedern den obern untergeordnet seyen, und
diese aus den Toquis, den Apo-Ulmenes und den Ulmen es
beständen. Die Toquis wären die Regenten der Utal-Mapus, die