1. Bd. 3
- S. 348
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
niesen haben. Ihnen sind, außer den Sorgen für das Innere der
Hütten, noch die mühsamern zugefallen, die Mauern derselben zu er-
bauen, und das Land zu bearbeiten. Sie haben außerdem die Ver-
pflichtung, ihren Männern in ihren Kriegsunternehmungen nachzufolgen,
Sorge für ihr Pferd zu tragen, es zu satteln und aufzuzäumen und
sich hinter ihren Männern zu halten, um die von ihnen eroberte
Beute zu sammeln und in Verwahrung zu nehmen. Übrigens aber
halten die Weiber sowohl ihren Körper als ihre Wohnungen sehr rein-
lich, baden sich öfters und waschen sich täglich drei- bis viermal.
Die Araucanen leben meistens von Fleisch, und ihre Vorräthe
auf Reisen bestehen aus einer Art von an der Sonne getrocknetem
und unter der Form von dünnen, schmalen Riemen gedörrtem Fleisch.
Auch genießen sie viele Kartoffeln und Mais, den sie ein wenig grob
zerstoßen und rösten. Ein Reisender behauptet, ihre Hautausdünstung
habe, sey es nun von der Unreinlichkeit, welche ihre Person bedeckt, oder
von der fast ausschließlichen Nahrung aus dem Thierreich, einen sehr
widrigen Geruch. Ein Lieblingsgetränk ist Chicha (Tschitscha), wovon
sie bei großen Mahlen eine große Quantität zu sich nehmen. Es
wird aus Mais bereitet, dem vorzüglichsten Gegenstände ihres Land-
baues. Die Weiber machen dieses' berauschende Getränk, indem sie
Mais zermalmen und ihn sodann in eine Art von Trog thun; sie
fügen hierauf Wasser und Wurzeln bei und lassen das Ganze zusam-
men gähren. Ehe zum Mahle geschrittten wird, das nothwendig
Trunkenheit zur Folge haben muß, übergeben die Männer freiwillig
ihre Waffen den Weibern, die sie in den Wäldern verbergen, weil sie
ihre Neigung zum Streite wohl kennen, wenn sie einmal berauscht
sind. Zuweilen mischen sie das Blut ihrer Pferde in den Trank und
glauben hierdurch übernatürliche Kraft und Behendigkeit zu erlangen.
Ihre Waffen sind Lanzen und breite Messer, welche sie unter
dem Poncho (Mantel) tragen. Die Feuergewehre lieben sie nicht,
ungeachtet sie sich dieselben in ihrem Austausch mit den Einwohnern
von Valdivia und la Conception verschaffen können. Ihre Lanzen
sind mit einer 4 Zoll breiten und fast 2 F. langen Eisenspitze verse-
hen und haben einen (wohl 14 bis 25 F.) langen Schaft, der aus
einer in dieser Gegend sehr häufig wachsenden Rohrart verfertigt und
sehr dünn aber so stark und elastisch ist, daß sie nicht selten im Ge-
fecht einen Reiter aus der Spitze ihrer Lanzen aus dem Sattel heben.
Überhaupt besitzen die Araucanen eine große Geschicklichkeit und Ge-
' wandtheit in Handhabung dieser Lanzen, die sie ungeachtet ihrer Länge
mit derselben Leichtigkeit führen, wie ein Europäischer Reiter den
Säbel, und sie dabei beständig in einer zitternden Bewegung erhalten,
damit der Feind nicht sehe, wohin man werfen will. Sie fechten zu
Pferde, wie die Kosaken ohne Ordnung, aber mit großer Tapferkeit,
und bedienen sich auch des Lasso (Fangschlinge), mit dem sie gleich-
sam im Fluge ihren Feind angreifen, und der Bolas (Eisenkugeln),