1. Bd. 3
- S. 397
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Patagonien.
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zu schützen, wenn nicht die Uneinigkeiten derselben das friedliche Ein-
sammlen verhinderte. Eine einzige Frucht (Cabeza) enthalt 200 bis
300 Nüsse und es ist nichts Seltenes 20 - 30 Früchte auf einem
Baume zu zahlen. Die Nuß, von der Gestalt der Mandeln, jedoch
von doppelter Größe, ist von einer leicht abzulösenden lederartigcn
Haut umgeben -und zubereitet, von gutem Geschmack, allein schwer
verdaulich. Die Indianer essen diese Nüsse frisch, gekocht oder geröstet,
und abgesehen von einer gewissen Herbe, ist der Geschmack nach der
letzten Bereitung fast demjenigen der Kastanien gleich. Für den
Wintergebrauch werden sie nach vorhergegangenem Sieden getrocknet;
und die Frauen verstehen dann, aus ihnen eine Art von Mehl und
selbst Gebäck zu verfertigen. Beschwerlich würde die Einsammlung
seyn, wäre es nöthig jedesmal die Riesenstamme zu erklettern. Allein
sobald gegen Ende des Marz die Nüsse reif sind, zerfallt der Zapfen
von selbst und schüttet seinen Inhalt und seine Schuppen auf den
Boden nieder. In solcher Menge liegen in den Tagereisen langen
Wäldern, die dieser Baum im Lande der Pehuenchcn und Huillichen *)
bildet, die Früchte an dem Boden, daß nur der kleinste Theil benutzt
wird. Zwischen Antuco und Valdivia wachst dieser Baum allein inner-
halb der Anden, und wie die Indianer sagen, nur auf ihrer westlichen
Seite und nirgends niedriger als 1300—2000 F. unter der Schnee-
linie, zu der er sich doch an vielen Orten zu erheben scheint. Weiter
südlich steigt er herab und in dem Lande der Cuneos *) und um
Osorno **) soll er unfern der Meeresküste auf Bergen mittlerer Höhe
fortkommen."
Von diesem Baume, den die Indianer Pehuen nennen, hat der
Jndianersiamm der Pehuenchen (Pehuentschen) seinen Namen.
Sie leben in den Anden, die Chile und das Land der Araucanen
von dem südwestlichen Theile der La Plata-Provinzen und von Pata-
gonien trennen. Nach Pöppig, der sie kennen lernte, als er in den
I. 1829 und 1830 die Chilenische Provinz Concepción und nament-
lich den Vulkan Antuco (s. oben) besuchte, erstreckt sich ihr Gebiet
ohngefahr vom 34" bis 37" S. Br. und verlängert sich zum Theil
nach O. in die Ebenen am östlichen Fuße der Anden. Von diesen
Pehuenchen macht Pöppig folgende Schilderung. Sie sind Nomaden,
ohne feste Wohnorte, ziehen stets in den Anden herum und erscheinen
bald als Hirten, die keinen andern Reichthum als ihre Heerden ken-
—
*) Die Cuncos wohnen (nach Pöppig) südlich von den Araucanen, auf
der linken Seite des Flusses Callacalla, der sie von den Araukanen
trennt. Noch südlicher wohnen die Huillichen (Huillitschen), zwi-
schen dem Flusse Bueno und der Insel Chiloe, ja sie sollen sich bis
zur Magellansstraße ausdehnen. Sie treiben etwas Ackerbau, mehr
aber die Viehzucht.
**) Osorno ist ein von den Spaniern im Lande der Araucanen gegrün-
deter Ort.