1. Bd. 3
- S. 434
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
Thomas de Souza, der mit 600 Freiwilligen und 1500 Verur-
theilten ankam und 1549 die erste Hauptstadt Brasiliens an der
Allerheiligen-Bai gründete, welche den Namen Bahia de todos
los San tos erhielt und noch jetzt die zweite Stadt Brasiliens ist.
Unter diesem ersten Generalgouverneur begann ein förmlicher Vertil-
gungskrieg gegen die benachbarten Eingebornen, und nach den abscheu-
lichsten Greueln, welche kaum in Mexiko und Peru ihres Gleichen
fanden, wurde der Rest der Indianer in die Wildnisse des Innern
vertrieben. Zur Arbeit in den Pflanzungen ließ er aus den jüngst ge-
gründeten Niederlassungen der Portugiesen in Afrika Negersklaven
kommen, durch deren abgehärtete Hände sich schnell der Zuckerbau so
wie der Plantagenbau überhaupt hob. Sein Nachfolger in seiner
Statthalterwürde brachte 7 Jesuiten mit, welche nicht in Bahia blie-
den, sondern mit vielen Auswanderern sich zu dem südlichen Ende
Brasiliens wendeten, wo sie 1552 die Mission San Paulo, woraus
nach und nach die jetzige wichtige Brasilianische Provinz gl. N. ent-
stand, stifteten. Diese neuen Kolonisten, bekannt unter dem Namen
der P au listen zeichneten sich durch Kühnheit, Muth und Hang zu
Abenteuern aus. Damit verbanden sie eine schwärmerische Liebe zur Frei-
heit. Sie waren es auch, die zuerst in das Innere eindrangen; denn
bis dahin hatten alle bis dahin in Brasilien angelegten Kolonien sich
auf die Küstengegenden beschränkt, und kein Europäer hatte das In-
nere des ungeheuren Landes betreten, um Kunde nach Europa zu
bringen. Die Urwälder Brasiliens waren mit wilden Völkern ange-
füllt, welche feindlich gegen die Europäer gesinnt waren, die sie von
den Küsten vertrieben hatten. Die Paulisten singen zuerst an auf
Untersuchungen dieser innern Gegenden auszugehen. Unter andern
fuhr 1572 der muthige Taurin ho, von Porto Sequro aus,
mit außerordentlichen Beschwerden und Gefahren den Rio Doce
hinauf und entdeckte die jetzige an Gold und Edelsteinen reiche Provinz
Minas Geraes.
Unterdessen hatten auch die Franzosen versucht sich in Brasilien
festzusetzen. Den ersten Versuch machten sie 1555, indem sie in der
schönen Bai von Rio de Janeiro landeten und auf einer Insel in
derselben das Fort Coligny anlegten; allein sie wurden schon nach
12 Jahren wieder, aus Brasilien vertrieben. Nach Vertreibung der
Franzosen aus der Bai von Rio de Janeiro beeilten sich die Portu-
giesen, an diesem so viele Vortheile zum Handel darbietenden Punkte
eine neue Stadt anzulegen, und diese Gegend zu einer Hauptnieder-
lassung im Süden Brasiliens zu benutzen. Die neue Stadt, welcher
sie den Namen San Sebastiao *) oder Rio de Janeiro ga-
den, vergrößerte sich schnell und wurde zur Hauptstadt des südlichen
*) Alle Wörter, welche sich km Portugiesischen auf ao endigen, werden
' wie .um ausgesprochen, doch so, daß das n nur wenig gehört wird.