1. Bd. 3
- S. 465
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Brasilien.
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Zeit verfolgt wurden, verfolgten sie auch jetzt ihre Gegner und übten
schrecklich das Recht der Wiedervergeltung. In den neuesten Zeiten
hat man jedoch von diesem Vertilgungskriege abgelassen und sucht ei-
nen friedlichen Weg in den Verhältnissen mit ihnen einzuschlagen,
wodurch ein Theil sich für ständige Wohnungen bereitwillig erklärt haben
und Ackerbau treiben soll. Öfters miethen die Brasilianer solche ge-
zähmte (Mansos) Botocuden zu mancherlei Verrichtungen, nament-
lich zum Lichten und Niederschlagen der Wälder.
Die Hauptstadt Brasiliens und zugleich die größte Stadt ganz
Südamerikas heißt Rio de Janeiro oder bloß Rio. Ihr Name
(Januarfluß) entstand aus einem Irrthum des ersten Entdeckers
der Bai, an welcher die Stadt erbaut ist, der sie für die Mündung
eines Flusses hielt, welchen er nach dem Monate der Entdeckung nannte.
Vom Meere aus gesehen, ist die Lage dieser Stadt hinreißend schön.
Sie liegt nämlich an einer geräumigen Bai, die sich tief in das Land
hinein erstreckt, und von malerischen Bergen eingeschlossen ist, f Stun-
den vom Eingang derselben, der ohngefähr 5000 F. breit ist und sich
zwischen zwei nackten Granitfelsen befindet, von denen der steile und
unzugängliche Pao de Assucar (Zuckerhut von seiner Gestalt
genannt) mit der an seinem Fuße liegenden Festung oder Kastell
Praia vermelha (rother Strand) die linke Seite und der
Pico mit der an seinem Abhange liegenden und mit 300 Kanonen
besetzten Festung Santa Er uz die rechte Seite des Einganges bil-
det. Hierauf gelangt man in die Bai selbst, welche sich immer mehr
erweitert, bald die Gestalt und den Charakter eines großen Binnensees
annimmt und den schönsten, geräumigsten und sichersten Hafen von der
- Welt bildet, worin alle Kriegsschiffe der Erde geräumig Ankerplatz finden
könnten, und zu dessen Vertheidigung, außer den schon genannten
den Eingang der Bai beschützenden Festungen, noch viele zum Theil
von der Natur begünstigte Batterien und Forts angelegt- sind, von
welchen das von einem Franzosen erbaute und nach ihm benannte
Villegagnon mit 60 Kanonen und die Jlha das Cobras (die
Schlangeninsel) mit 180 Kanonen, beide auf 2 kleinen Inseln
im Innern der Bai errichtet, die wichtigsten sind. Aus dem letztem
Kastell werden auch Staatsverbrecher in Haft gehalten.
An der Südwestseite dieser herrlichen Bai, welche von N. gegen
S. 9 St. in der Lange und 6 Stunden in der größten Breite von
W. nach O. hat und deren Inneres mehrere kleine Inseln verschö-
nern, springt f Stunde von dem Eingänge der Bai eine Halbinsel
hervor und reicht weit in das Wasser hinein, von welcher mehrere
Landzungen hinaus treten. Zwischen der östlichsten und nordöstlichen
Landspitze dieser Halbinsel nun breitet sich die eigentliche Stadt oder
die Altstadt, und zwar in der Richtung von N. O. nach S. W.,
in der Form eines länglichen Vierecks, aus. Der Boden ist größten-
theils eben, am nördlichsten Ende aber erheben sich 5 Hügel, : so nahe
Cannabich's Hülfsbuch. Hi. Band. 30