1. Bd. 3
- S. 496
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Australien.
dagegen sehr beschränkt und nur unbedeutend. Es erheben sich aus den
Ebenen zwar Bergländer, aber gewöhnlich von sehr einfachem Bau,
stets isolirt und ohne Verbindung mit einander; stände das Meer um
einige hundert Fuß höher, so würde sich ganz Neuholland in eine
Gruppe von Inseln auflösen. Hochgebirge und Plateauländer fehlen
fast ganz; Stufenländer giebt es theils gar nicht, theils erscheinen sie
von der einförmigen Massenerhebung so zurückgedrängt, daß sie für
Kulturverhältnisse von fast gar keiner Bedeutung sind. Kurz auch die
Gebirgsiander zeigen hier den Mangel an Abwechslung und an Ge-
gensätzen, der das ganze Land charakterisirt. Dem entspricht denn auch
die Form der Flüsse. Daß es hier, wie man früher glaubte, gar kei-
ne großen Flüsse gebe, ist hinlänglich widerlegt, seitdem ein Flußge-
biet entdeckt ist, das wahrscheinlich den sechsten Theil des ganzen Lan-
des einnimmt *). Allein die hiesigen Flüsse, ohne feste Quellen und
gewöhnlich nur aus Ketten von Teichen sich bildend, haben einen kur-
zen Quelllaus, der von dem Mittelläufe sich fast nie unterscheiden
laßt, fließen größtentheils durch die Flachländer, sind mit Zuflüssen
sparsam, häufig gar nicht versehen, ohne feste Betten, nicht selten
ohne ein Thal, lösen zu manchen Zeiten in Sümpfe und Seen sich
auf oder trocknen ganz aus und sind zu andern Zeiten wieder den
verheerendsten und unregelmäßigsten Anschwellungen unterworfen, und
haben endlich häufig unzugängliche, durch Bänke verstopfte Mündun-
gen, denen die Deltabildung ganz abgeht.
Die ungemeine Einförmigkeit, die sich in der ganzen Physiogno-
mie des Landes zeigt, offenbart sich auch in den klimatischen Verhält-
nissen, in der Pflanzen- und Thierwelt Neuhollands, ja selbst bei den
ursprünglichem Bewohnern desselben. An welchem Punkte der Küste
der Reisende auch landen mag, immer treten ihm die ähnliche Be-
schaffenheit des Bodens, die gleichen Pflanzen- und Thierformen, die-
selben Menschen entgegen, ohne daß eine Ausdehnung von mehr als
Zo Breitengraden bedeutende Verschiedenheiten erzeugt. Übrigens sind
die Küsten Neuhollands theils Steil- theils Flachküsten, doch so, daß
letztere im Allgemeinen vorherrschen. So wie Afrika und Amerika
sich an ihrer Südseite in Spitzen enden, welche in den Ozean hin-
einragen und dem Südpol zustreben, so auch Neuholland; doch ist
dabei der Unterschied beachtenswerth, daß Afrika am wenigsten nach
S. reicht, und seine Spitze nicht, wie bei den andern, in Inseln ge-
brochen, sondern ein Stufenland ist, Amerika bei Weiten am tiefsten
nach S. herab geht, und seine Spitze sich in eine Masse von Inseln
*) Dies ist das Flußgebiet des Lachlan, Darling, Morumbidschi und
Murray, das gewiß über 22,000 Qm. umfaßt, und an Größe dem
des Ganges gleichkommt oder dasselbe noch übertrifft» und bedeutend
größer ist als das Flußgebiet jedes Europäischen Stromes, mit Aus-
schluß der halb zu Asien gehörenden Wolga.