1. Bd. 3
- S. 509
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Neuh olland.
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junge, grüne Rinde ihm deutlich vor Augen gelegt wurde. Diese Gum-
mibäume schwitzen das reinste Gummi und zwar zu gewissen Zeiten
in Menge aus, dessen Eigenschaften ganz wie die des Arabischen
(B. Ii., 251) sind. Eine Art dieser Baume Eucalyptus man-
nifera (auch der wollige Gummibaum genannt) liefert das herr-
lichste Manna in Menge, und man findet dieses des Morgens in
Flocken auf dem Grase und auch hängend an den Ästen und Bau-
men, wo man oft in kurzer Zeit mehrere Pfund einsammeln kann.
Dies muß jedoch geschehen, ehe die Sonne zu hoch steht, weil ihre
Strahlen es nach und nach auflösen. — Sehr verbreitet ist auch
unter den Bäumen das Geschlecht der Casuarinen, welche die
Kolonisten hier Eichen nennen. Sie sind von auffallender Form durch
ihre blätterlosen dünnen Zweige, die ihnen das Ansehen baumartiger
Schachtelhalm-Arten geben. Mehrere dieser Bäume erreichen eine be-
deutende Höhe und alle haben ein sehr hartes und dauerhaftes Holz,
das man wegen seiner Härte Eisen holz nennt, und woraus die
Bewohner der Südsee-Jnseln ihre Kriegskeulen verfertigen, daher sie
auch Keulenbäume heißen.
Neuholland ist äußerst schwach bevölkert; denn die Zahl seiner
Ureinwohner beläuft sich wohl schwerlich auf 100,000. Bei ihrem
steten Umherschweifen ist es schwer, über die Bevölkerung einzelner
Gegenden zu urtheilen, die Küsten und Flußufer sind die von ihnen
besuchtesten Orte. Obgleich sie in allen Theilen Neuhollands ein und
dasselbe Volk sind, und zwar in einem Grade, wie das schwerlich bei
einem andern auf eine so große Länderstrecke zerstreuten Menschen-
stamme der Fall seyn möchte, so zeigen sich doch zwischen den Be-
wohnern einzelner Landstriche kleine Verschiedenheiten. An der Süd-
und Westküste, so wie auf der Insel Vandiemensland sind sie im All-
gemeinen am rohesten und ungebildetsten; etwas weniger roh sind sie
in Ostneuholland, an der Nord- und Nordwestküste; auffallend ist es,
daß sie an der Nordostküste sich vor allen übrigen durch einige An-
näherung an einen Bildungszustand auszeichnen. Ohne Zweifel sind
die Neuholländer mit den Bewohnern des innern Gürtels der Au-
stralischen Inseln stammverwandt, aber beide Abtheilungen dieses
Menschenstammes, welche wir mit dem gemeinschaftlichen Namen
Negritos (s. oben) bezeichnen, stehen durchaus getrennt nebenein-
ander. Hier haben wir es nur mit der kontinentalen Abtheilung der
Negritos oder mit den Neuholländern zu thun.
Wenn diese gleich in Hinsicht ihrer Körperbildung nichts weni-
ger als schön genannt werden können, so sind doch die gewöhnlichen
Vorstellungen über ihre außerordentliche Häßlichkeit übertrieben. Sie
sind von mittlerer Größe, nicht ohne Muskelkraft, gewöhnlich schlank
und gut gebaut, aber mager, und würden bei besserer Nahrung ge-
wiß auch besser^ aussehen. Im Allgemeinen sind die Weiber häßli-
cher als die Männer, doch soll es ihnen in der Jugend auch nicht an
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