1. Bd. 3
- S. 513
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Neu hol land.
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Oxley und Sturt allenthalben am Macquan'e, Lachlan und Mo-
rumbidschi große künstliche Gräber, die an der Küste unbekannt sind,
und regelmäßige, kegelartige Erdhaufen von 5 F. Höhe bilden, inner-
halb welcher man theils Leichen in sitzender Stellung mit vielen Fel-
len bekleidet, theils Asche verbrannter Körper fand. Darüber sah man
ein Gerüst von Holz und Zweigen errichtet, auf welches die Erde ge-
schüttet war. Um das Grab herum waren halbrunde, oft amphithea-
tralifche, in Reihen sich erhebende Sitze aus Rasen angebracht und
öfters führen sorgfältig geebnete Gänge zu diesen Sitzen; auch pfle-
gen die umstehenden Bäume entrindet und mit verschiedenen Figuren
geziert zu seyn.
Die Lebensweise der Neuholländer ist herumziehend, doch ver-
weilen sie oft in einzelnen Gegenden länger, je nachdem sie ihnen be-
sondere Hülfsquellen zur Ernährung darbieten. Am Morgen entfer-
nen sich alle aus dem Lagerplatze, die jüngern Kinder bleiben unter
Aufsicht der erwachsenen zurück, nur die ganz jungen tragen die Müt-
ter auf den Schultern mit sich herum. So gehen sie, gewöhnlich zu
zwei oder drei, die Männer zum Fischfänge oder zur Jagd, die Frauen
fischen mit Haken und Leine, tauchen nach Muscheln, graben Wur-
zeln und suchen die kleinen Thiere; jeder ißt von dem, was er fin-
det, den Rest bringt er zu dem gemeinsamen Eßplatze, wo alles un-
ter die Familie vertheilt wird. Außerdem verfertigen die Männer
Waffen und Kähne, die Frauen sorgen für den Hüttenbau, die Be-
reitung der Gerathe, Matten rc. und beim Fortziehen müssen sie zu-
gleich das Meiste tragen, der Mann beladet sich nur mit den Waf-
fen. Ist für die Nahrung gesorgt, so vertreibt man sich die Zeit
mit Kämpfen, Tänzen, gewöhnlich mit müßigem Umherziehen, bis der
Hunger zu neuer Anstrengung antreibt. Der Tanz bildet ein Lieb-
lingsvergnügen für beide Geschlechter. Man tanzt, gewöhnlich beson-
ders dazu geputzt und bemalt, Abends vor einem Feuer und im Krei-
se unter wilden Bewegungen und Verdrehungen des Körpers, doch
nach einem bestimmten Takte. Es giebt verschiedene Tänze für be-
sondere Gelegenheiten; allgemein im Gebrauch sind die mimischen
Darstellungen, besonders der Jagden. Jederzeit wird der Tanz mir
Gesang begleitet, den sie sehr lieben.
Die Neuholländer theilen sich in kleine Stämme, die gewöhn-
lich nur aus wenigen Familien bestehen, welche besondere Namen,
nach dem einem jeden Stamme zugehörigen Landstriche haben. Jeder
einzelne Stamm besitzt ein besonderes Gebiet, über dessen Behauptung
er strenge wacht, und wo jede Familie des Stammes das Recht hat
zu jagen, zu fischen und Wurzeln zu graben. Oberhäupter giebt es
bei den ostneuholländischen Stämmen der Küste eigentlich nicht, außer
wenn persönliche Eigenschaften und zufällige Umstände Einzelnen grö-
ßeres Ansehen bei den Mitgliedern seines Stammes verschafft haben;
doch scheinen die Stämme des Binnenlandes unter Häuptlingen zu
Cannabich's Hülföbuch. Iii. Band. 33