1. Bd. 3
- S. 541
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Neuseeland.
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bilden, auf der südlichen oder eigentlich mittlern Insel sieht man nur
weite Einschnitte, deren Arme das Meer tief in das Land tragen und
vielleicht am äußersten Ende einen elenden Bach aufnehmen; alles
gestaltet sich hier wie in Neuholland. Von diesem Theile Neusee-
lands sind nur die beiden Endpunkte im N. und im S. und die
Ostküste bewohnt; die Westküste dagegen zeigt sich nur als eine wüste
Strecke, worüber ein trauriger Himmel schwebt, wo stete Stürme das
Meer bewegen und fürchterliche Strömungen das Gestade peitschen,
und wo dichte, unzugängliche Wälder das Innere verschließen. Die
hohen und steilen Gebirge, die sich an die Küste drängen, und die
aus dem stets nassen Boden ausdünstende Feuchtigkeit haben die Ein-
wohner aus ihrem Umkreise verbannt; der Mangel an Jagdthieren
und Vegetabilien verhindert cs überdies, daß sich hier Menschen näh-
ren könnten. Nur weniges kennt man bis jetzt von dem Binnenlan-
de dieses südlichen Theils von Neuseeland, welcher für den auswärti-
gen Handel bloß Schiffsbauholz, Neuseeländischen Flachs und Nob-
benhaute darbietet, und sollte einst Neuseeland von einer Europäi-
schen Nation in Kultur genommen werden, so wird der südliche Theil
stets ein Anhang des nördlichen bleiben, es müßte denn seyn, daß in
seinen Gebirgen reiche und edle Erze sich vorfinden sollten.
Unter den vielen und schönen Waldbaumen Neuseelands steht bou
Kauri oder die Kauri- (Cowrie-) Fichte oben an und ist gleich-
sam die Königin der Fichten. Sie hat die Aufmerksamkeit der Eu-
ropäer sowohl wegen ihrer Größe als ihres trefflichen Holzes halber
auf.sich gezogen, indem sie nicht nur zu jeder Art von Hauserbau
dient, sondern auch Maste für die größten Ostindienfahrcr und Kriegs-
schiffe liefert. Man findet viele Baume von einer solchen Größe und
Starke, daß aus einem Stücke sich Maste für die größten Drei-
decker zimmern lassen. Der Stamm erreicht an manchen Waldstellen
vom Boden bis zum Anfang der Krone eine Höhe von 85 bis 95
F. und einen Durchmesser von 10 -12 F. Wenn die Rinde und
der Splint weggenommen sind, so bleibt noch immer ein Umstng von
33 F. oder eine Dicke von 11 F. übrig. So lang der. Baum noch
jung und klein ist, hat er kein schönes Ansehen; er ist krumm und
mißgestaltet; nur hier und da sieht man.an den Ästen einige lange,
schmale und blaßgrüne Blatter; hat er aber gleichsam sein Mannesal-
ter erreicht, dann übertrifft ihn kein anderer Baum des Waldes an
Schönheit und Majestät. Seine Blätter sind klein, aber sehr zahl-
reich und haben viel Ähnliches mit denen des Buchsbaumes. Die
Rinde ist dick, weiß und sanft anzufühlen, wird aber, sobald 'der
Baum gefallt ist, schnell hart, so daß, wenn man sie nicht gleich ab-
schalt, sie sich späterhin sehr schwer ablösen läßt. . Das Holz hat eine
lichte Farbe, ist schön geädert und läßt sich gut hobeln und bearbei-
ten. Aus dem Stamme fließt ein Gummi, welches nicht bloß im
Wasser, sondern auch im stärksten Weingeist unauflöslich seyn soll, dell-