1. Bd. 3
- S. 550
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
öb0
Australien.
andern Gelegenheit getodtet haben. Wenigstens erzählt ein Engländer,
der 1827 sich 9 Monate in Neuseeland aufhielt ein Paar Beispiele
hiervon. Indem er nämlich einst eine Streiferei ins Innere machte
und nicht wenig entzückt war über die Fortschritte, welche die Neusee-
länder auf der Bahn der Gesittung gemacht zu haben schienen, wur-
de seine Begeisterung nicht wenig herabgestimmt durch den plötzlichen
Anblick eines gräßlichen Schauspiels. Es waren die Überreste eines
gerösteten menschlichen Körpers, an denen Schweine und Hunde nag-
ten. Ein armer junger Sklave, der eine Pflanzung zu hüten hatte,
war so nachlässig gewesen, Schweine in dieselbe einbrechen zu lassen,
die darin große Verheerung angerichtet hatten. Der Besitzer der Pflan-
zung, erzürnt über die Nachlässigkeit, seines Sklaven, hatte den Un-
glücklichen mit seiner Streitaxt erschlagen und befohlen, den Leichnam
zu braten. Das andere Beispiel, welches derselbe Reisende erzählt, ist
folgendes. „Wir hatten erfahren, daß eine junge hübsche Sklavin,
die wir Tags vorher noch gesehen hatten, von einem Häuptling, ihrem
Herrn, weil sie ihm entlaufen, erschlagen worden sey und zum Mahle
zubereitet werde. Wir wollten uns mit eignen Augen hiervon über-
zeugen, begaben uns an Ort und Stelle und überraschten sie mitten
in ihrer gräßlichen Arbeit. Blutige Fetzen von Matten lagen umher
und ein Knabe, der dabei stand, deutete lachend mit dem Finger an
seinen Kopf und dann nach einem nahen Gebüsche. Ich näherte
mich demselben und fand hier einen blutigen Menschenkopf. Schau-
dernd erkannte ich die Züge des Mädchens wieder, welches den Abend
zuvor aus dem Dorfe, wo wir uns aufhielten, mit Gewalt fortgeführt
worden war. Wir liefen nach dem Feuer, das bereits in der Grube
brannte und sahen einen Mann die Viertel eines menschlichen Kör-
pers für ein Mahl bereiten, die größeren Knochen waren bei Seite
geworfen und das Fleisch ward gerade in den Ofen gelegt. Während
wir vor Entsetzen wie versteinert da standen, packte ein vor dem Feuer
liegender großer Hund den blutigen Kopf und lief damit nach einem
nahen Gebüsch. Der Mann verrichtete sein Geschäft mit der größ-
ten Gemüthsruhe und sagte uns, es würden wohl einige Stunden
vergehen, bis das Fleisch gekocht sey. Wir gingen in das Dorf zu
dem Häuptling, auf dessen Veranstaltung das Mahl zubereitet wurde,
und hielten ihm seine Abscheulichkeit vor. Er gestand uns sein Vor-
haben und rühmte seine Geschicklichkeit, womit er das Mädchen er-
schlagen habe. Und doch war dieser Häuptling ein junger hübscher
Mann von höflichen Sitten und sanfter, stiller Gemüthsart. Wir
verließen ihn und begaben uns nochmals nach dem Orte, wo das
Mahl zubereitet wurde. Kein einziger Neuseeländer war in der Nähe
zu sehen; ein heißer, häßlicher Dampf stieg von Zeit zu Zeit aus der
qualmenden Grube. Wir entschlossen uns, mit Hülfe einiger Euro-
päischen Freunde, die sich in unserm Dorfe aufhielten, den Ofen zu
zerstören und die Überreste der Leiche zu begraben. Mst Schausein