1. Bd. 3
- S. 580
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Australien.
Zeichen der Verehrung wird auch den Häuptlingen erwiesen und
von diesen dem Tui oder Könige, dessen Brüdern oder Verwandten.
Der Tui dagegen, so wie alle Häuptlinge erweisen diese Ehrfurchtsbe-
zeigung auch dem Oberpricster, der meist ein großer Häuptling ist
und größere Gewalt besitzt als der Tui selbst. Bei aller der vor-
teilhaften Schilderung, die man von diesen Insulanern macht, kom-
men doch auch einzelne Beispiele von Handlungen vor, die das Volk
in einem ganz andern Lichte zeigen. So überfielen z. B. diese In-
sulaner ein Schisssboot, das der Französische Seefahrer Dumont d'ur-
ville, der 1827 hierher kam, mit 9 Mann besetzt, ans Ufer geschickt
hatte, und führten diese Mannschaft gefangen mit sich fort; zu wel-
cher feindfeligen Handlung die Franzofen keine Veranlassung gegeben
hatten. Kapitan d'urville war nicht wenig in Verlegenheit, feine
Leute zurückzubekommen. Er beschloß in dieser Absicht, Manfanga,
den heiligen Begrabnißort der Häuptlinge, anzugreifen und machte
die Vorbereitungen dazu. Unterdessen aber hatten die Insulaner wohl
berechnete Verschanzungen angelegt, gegen welche die Kanonen des
Schiffs ganzer zwei Tage nichts ausrichten konnten. Die Insula-
ner vertheidigten sich durch Kleingewehrfeuer. Alles, was auf der
Insel Tonga Waffen tragen konnte, war auf diefem Punkte verei-
nigt. Sie beständig zu beunruhigen, war das einzige Mittel, die Leu-
te des Schiffes wieder Zu erhalten. Endlich wurden die gefangenen
Franzosen, denen unterdeß nichts von den Insulanern zu Leide ge-
schehen war, zurückgegeben.
Die Bewohner dieser Inseln glauben an gute und böse Götter,
verehren sie mit großem Eifer, und haben Priester. Die Opfer, die
den Göttern gebracht werden, bestehen aus Produkten der Inseln, die
vorzüglich an den religiösen Festen, deren sie sehr viele haben, vor
ihren Tempeln aufgestellt werden.
Die Eingebornen theilen sich in 2 Klassen, Edle und das Volk.
Erstere unterscheiden sich wieder in Egis und Ma tabu len. Zu
den Egis gehören die Könige und Häuptlinge, so wie auch die Ober-
priester; die Matabulen bilden die zweite Klasse des Adels und sind
die Gefährten und Begleiter des hohen Adels. Das Volk theilt sich
ebenfalls in 2 Klassen, in Muahs und Tuahs. Jene sind die
Abkömmlinge der Matabulen, die aber nicht deren Rang haben, son-
dern so lange in der Klasse der Gemeinen stehen, bis der Tod eines
Matabulen sie in deren Stelle setzt. Die Tuahs sind die geringste
Klasse des Volks. Ihnen liegt allein der Ackerbau ob, womit sich
keine der übrigen Klassen abgiebt. Sonst standen sämmtliche Inseln
unter einem Könige, zur Zeit jedoch, als Dumont d'urville hier
war (1827), hatten drei Oberhäupter die Herrschaft über die Haupt-
infel. Hingegen Bennett, der 1829 hierher kam, erwähnt nur ei-
nes Königs und nennt ihn Tubu, der an Bord des Englischen
Schiffs kam. Der König herrscht zwar unumschränkt, doch wird er