1. Bd. 3
- S. 602
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Australien
mit einer Reihe von Schnüren behängt. Einige haben große, zwi-
schen die Haarlocken gesteckte Blatter. Die Ohren werden durch einen
Schweinszahn aufgerissen und mit Sand ausgefüllte Muscheln hinein-
gehängt. Dabei ist ihr ganzer Körper tatowirt und zwar mit den
regelmäßigsten Figuren. Die Kunst des Tätowirens ist hier außer-
ordentlich hoch gestiegen.
Die Kleidung der Frauen besteht ebenfalls in einem Gürtel, den
sie wie die Männer zwischen den Schenkeln durchziehen, und aus ei-
nem Stück Zeug, das ihnen zwar bis auf die Lenden herabhangt,
aber doch den Körper nur dürftig bedeckt. Diesen Mantel und Gür-
tel legen sie ab, wenn sie sich in das Wasser begeben, und nehmen
dafür nur grüne Baumblatter als Bedeckung des mittlern Theiles des
Körpers. Der ganze Körper wird täglich mit Kokosöl eingerieben,
wodurch er Geschmeidigkeit und Glanz erhalt, aber auch einen uner-
träglichen Geruch annimmt; das schwarze Haar wird gleichfalls stark
mit diesem Öle eingerieben, hinten dicht am Kopfe in einen Knoten
gebunden und mit einer weißen Kopfbinde umwunden. Selten sieht
man sie ohne einen Facher, der sehr künstlich von Gras geflochten
und mit Muschelkalk weiß gefärbt ist. Sie haben gewöhnlich bloß
Arme, Hände, Ohrläppchen und Lippen tatowirt.
Ihre Nahrungsmittel sind die gewöhnlichen der Südfee-Jnfulaner.
Schweinefleisch ist eine Lieblingsfpeife, aber so selten, daß es nur auf
den Tisch der Vornehmern kommt. Es wird eben so gebraten, wie
auf Tahiti, in Gruben, die in die Erde gemacht sind. Auch bereiten
sie einen säuerlichen Teig aus Arum und Brodfrucht, der sich mehre-
re Monate lang halt und in den Monaten, wo die Brodfrucht fehlt,
ihre vornehmste Nahrung ausmacht und in bei jeder Wohnung ange-
brachten Kellern aufbewahrt wird. Dieser Teig heißt Mahie *).
Ihre Wohnungen sind sehr einfach und bestehen aus einer schmalen lan-
gen Hütte, die auf eingerammelten Bambusstäben ruhet und deren Wän-
de mit Kokosblättern und Farrnkraut durchflochten sind. Das Innere
des Gebäudes wird durch einen Balken, welcher auf der Erde durch
die ganze Länge des Hauses geht, in 2 Theile getheilt; der vordere
Theil des Hauses ist gepflastert, der hintere mit Matten belegt und
dient zur Schlafstelle. Auf einer Seite sieht man noch ein abgeson-
dertes Gemach, worin ihre kostbarsten Sachen aufbewahrt werden;
ihre übrigen Geräthe, ihre Kalabassen, Waffen, Beile, Trommeln rc.
hängen an der Decke. Die Männer beschäftigen sich bloß mit dem
Bauen der Häuser, mit der Verfertigung der Waffen und der weni-
gen Instrumente, deren sie zu ihren Handarbeiten bedürfen. Diese
*) Auch auf andern Inseln der Südsee findet man diesen Teig. So
erwähnt Beechey desselben bei den Bewohnern der Gambiers-Inseln,
die ihn mit einigen Bündeln dieses in große Blätter gewickelten Teigs
beschenkten, der wie ein frisch aufgeschlagenes Faß Sauerkraut roch.