1. Bd. 3
- S. 628
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Australien.
schreiblichen Szene versunken. Am folgenden Morgen konnte ich, vom
heitersten Wetter begünstigt, den Vulkan und seine Umgebung aufs
Genaueste aufnehmen. In Begleitung dreier Eingcbornen unternahm
ich das Hinabsteigen in den großen Krater. Die Lehnen und Spal-
ten der ersten Terrasse des Abhanges waren mit beträchtlich hohem
Pflanzenwuchse bekleidet. Vorzüglich scheint der kleine Krater, der von
dem großen durch eine Art von Platform getrennt ist, schon seit sehr
geraumer Zeit gefeiert zu haben, denn er ist bis dicht an den Saum
der Lavarinde mit stattlichen Baumen bewachsen. Auf dem Grunde
floß ein Lavastrom, dessen Breite zwischen 120 bis 210 F. betragen
mochte, und welcher die einzige da vorhandene flüssige Lava ist. Bei
der Ankunft am Rande des schwarzen Lavakranzes eröffnet sich den
Blicken des Reisenden eine Szene, die alles Grauen Erweckende in
sich vereinigt. Er sieht ein ungeheures Becken vor sich, das sich noch
kürzlich in glühender Bewegung befunden haben muß, nun aber in
der Verkalkung begriffen, einen Anblick darbietet, der sich etwa mit dem-
jenigen vergleichen laßt, wie ihn die großen Nordamerikanischen Seen,
wenn das Eis aufbricht, gewahren. Stellenweise ist die Oberstache
spiegeleben, hier und da aber stehen gewaltige vielgestaltige Massen
emporgethürmt und in tausenderlei Windungen verschränkt, ja stellen-
weise ist die Lava gleich feinem Haare ausgefasert und ausgestanzt.
Der große Krater auf dem Gipfel des Mauna Roa ist einer der größ-
ten. Der Umfang desselben betragt jetzt ohngefähr 3 Stunden, und
die Linie der alten jetzt erloschenen Öffnung hat nicht weniger denn
5 M. in der Runde. Vom Gipfel bis zum schwarzen Lavakranze
im gegenwärtigen Krater mißt man 1270 F., und er scheint bedeutend
aufgefüllt zu seyn."
Der sanft ansteigende grasbewachsene Abhang des Mauna Roa
enthalt viele zum Theil sehr hohe und breite Höhlen, wovon einige
außerordentlich lang und uneben sind. Diese streichen sämmtlich in
rechten Winkeln mit dem Dom des Mauna Roa und mit dem
Meere. Einige dieser Höhlen haben eine Lange von einer Stunde
und darüber und ihre Wölbungen sind hier und da zerklüftet, die
Spalten aber durch große Bäume und Farrnkrauter verdeckt; diese
Stellen sind daher sehr gefährlich. Stellenweise sind die Höhlen-
gewölbe durch Erdbeben ganz eingestürzt und auf solche Weise 600
bis 1800 F. große Vertiefungen entstanden. Das Innere dieser Höh-
len, deren Bau und Wölbung vollkommen regelmäßig ist, und die
überdies mir mannigfaltigen Farrnkräutern, Moosen und Jngerman-
nien aufs Reizendste geschmückt sind, nimmt sich überaus herrlich aus.
Über die Höhe der beiden Berge Mauna Roa und Mauna Koa
sind die Angaben sehr verschieden. Gewöhnlich hält man den erstern
für den höchsten, und Kotzebue giebt ihm 14,900 F>, letzterm aber
nur 13,080 F. Höhe. Ja man hat ihnen zuweilen 16,000 bis
18,000 F. Höhe geben wollen. Hingegen nach den von Douglas