1864 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
D
Um sich vorzustellen, was weiter geschah, denke man sich ein
Gefäß mit heißem geschmolzenen Blei, ans das man ans einer
Gießkanne einen leisen Regen von Wasser sprühen läßt. Die Tröpfchen
werden sich, zum Theil noch ehe sie die Oberfläche des geschmolzenen
Metalls erreichen, wieder in Dampf verwandeln und aufsteigen, bis
sich das Blei, zuerst an der Außenseite und dann immer tiefer,
durch das ununterbrochen darauf herabträufelnde Wasser abgekühlt
und fest wird.
So ging es mit der Erde. Noch bevor die wässerigen Nieder-
schläge die Oberfläche der geschnwlzenen glühenden Stoffe des Erd-
kernes erreichten, verdampften sie auf's Neue und stiegen wieder
in die Höhe, bis sie in die Region kamen, wo sie durch die Kälte
des Weltraumes abermals zu Wasser niedergeschlagen wurden.
Den unendlichen kalten Weltraum, konnte die kleine heiße Erde
natürlich nicht etwa wie der Ofen ein geschlossenes Zimmer zuletzt
erheizen. Die Temperatur desselben vermochte sie eben so wenig
zu ändern, als z. B. ein glühendes Sandkorn im Stande sein
würde, eine große Kirche zu erwärmen. Also nur die Erde konnte
allmälig kälter, nicht aber der Weltraum durch sie wärmer werden.
So mußte sich die Region, in der die aufsteigenden Wasserdämpfe
wieder in Wasser verwandelt wurden, allmälig immer tiefer auf
den Erdboden herabsenken, während die Oberfläche des geschmolze-
nen Kerns immer mehr von ihrer Hitze verlor, bis sie zuletzt auf-
hörte, flüssig zu sein, und fest und steinhart wurde, wie die Lava,
die wir noch jetzt in flüssigem Zustande aus den Vulkanen hervor-
quellen, in die Thäler fließen und sich hier allmälig abkühlen und
erstarren sehen.
Jener chaotische Zustand eines wilden Kampfes zwischen Hitze
und Kälte, Feuer und Wasser hat jedenfalls eine Reihe von Jahr-
tausenden hindurch gedauert, deren Zahl die Wissenschaft noch nicht
näher zu bestimmen vermag.
Das geschmolzene Erz, welches aus den Schmelzöfen strömt,
überdeckt sich bald durch die Berichrung mit der kalten Luft mit
einer starren Rinde, die eine Verbindung des Sauerstoffes der Luft
mit dem Metall ist. Unter derselben verharrt das Metall noch
desto längere Zeit in einem weichen Zustande, je größer die Masse
desselben ist, und erstarrt erst nach 'lind nach, indem sich unter der
obersten Schicht eine zweite, unter dieser eine dritte u. s. w. ansetzt.
Gerade so ging es mit der Erde; ihre Oberfläche wurde immer
dicker und kälter, ohne jedoch schon kalt genug zu sein, um das
Wasser in flüssiger Form über sich zu dulden. Die aufeinander-
folgenden Schichten, wie sie der Reihe nach erkalteten, sind Thon-
schiefer, Glimmerschiefer, Gneis und Granit, deren innere Fügung
desto regelmäßiger und krystallinischer ist, je allmäliger sie erkalteten,
je tiefer sie also liegen.