1864 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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4. S ti e r g e f e ch t e. *
Zu den Hauptvergnügungen der Spanier gehören die Stierge-
fechte. Bricht nun ein feierlicher Stiertag an, so ruhen alle Ge-
schäfte. Schon Tags vorher wogen die Menschen auf dem Amphi-
theater umher, um sich den Schauplatz recht zu betrachten, wo die
Stiere gehetzt werden sollen. Die obern Sitze haben eine Decke in
Form einer° offenen Gallerie und werden gewöhnlich von den Da-
men eingenommen; die übrigen Sitzreihen sind ganz offen. Sie
sind acht Fuß über dem Kampfplatze erhaben, um Alles recht gut
übersehen zu können. Der innere Raum wird von einer zweiten
Schranke umgeben; es ist eine sechs Fuß hohe Mauer, die zwischen
sich und den Zuschauern einen Raum von etwa zehn Schritteil Breite
läßt. In dieser Mauer sind mehrere Oeffnungen, durch welche die
Fußkämpfer, wenn der Stier ihnen zu heftig zusetzt, schlüpfen kön-
nen; gewöhnlich springen sie aber mit großer Gewandtheit über die
Mauer hinweg. Zwar springen die Stiere zuweilen nach; aber dann
schlüpft der Fußkämpfer geschwind durch eine der Oeffnungen wie-
der zurück, und der Stier wird durch ein Thor auf den Kampfplatz
zurück getrieben. —- Vor dem Tage eines Stiergefechtes gehen wenige
der geringen Leute zu Bette, um nur recht zeitig einen Platz ein-
nehmen zu können. Schon von Mitternacht an wogt es durch die
Straßen nach dein Amphitheater. Die Stiere, die zum Kampfe be-
stimmt sind, werden von den Feldern auf eine weite Ebene nahe
bei der Stadt getrieben, und achtzehn von ihnen nach dem Kampf-
plätze geführt. Diese Scene hat einen eigenthümlichen, wilden Cha-
rakter. Alle Liebhaber des Schauspiels, zu Pferde und mit Lanzen
bewaffnet, eilen nach dem Orte, wo die Thiere weiden. Die Hirten
treiben die zu der Ehre des Kampfes ausgewählten Stiere zusammen
und leiten sie nach der Stadt durch zahme Ochsen, die an Halftern
geführt werden und am Halse tieftönende Glocken tragen. Von allen
Seiten wird die Heerde voir den Reitern umringt, und so im Trab
bis etwa eine Viertelstunde vom Amphitheater gebracht. Von hier-
an ist ein Weg für die Stiere abgepfählt, der bis zunr Kampfplatz
führt; doch geben die Seitenbalken nur eine schwache Schutzwehr
gegen die unbändigen Thiere. »Ich ließ mich«, erzählt ein Reisen-
der, »verleiten, eines Morgens mit Tagesanbruch aufzustehen und
meinen Standpunkt aus dem Amphitheater zu nehmen, wo ich eure
freie Aussicht auf das Feld hatte. Beim fernen Schalle der Ochsen-
glocken sah man große Menschenhaufen über das Feld wegziehen,
und ihre ganze Haltung verrieth einen Kampf zwischen Furcht auf
der einen, und Eitelkeit und Gewohnheit auf der andern Seite;
* F. Nösselt.
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