1833 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Allgemeine Einleitung. 15
legt, ihn dann immer weiter nach dem Nordpol zu schraubenförmig
um den Globus werter führt, bis er die Gränze der Ekliptik er-
reicht, von da wieder eben so zurück über den Aequator weg bis zur
südlichen Gränze der Ekliptik und wieder zurück zum Aequator;
jeder Umgang des Fadens stellt uns dann einen Tag vor, oder die
Bahn, welche die Sonne an einem Tage am Himmel zu machen
scheint *).
Die nothwendige Wirkung dieser Bewegungen auf den schein-
baren Lauf der Sonne am Himmel ist folgende. In den längsten
Tagen, wo die Sonne unsre nördlichen Gegenden mehr bescheint
als die südlichen, scheint uns die Sonne mehr gegen Norden auf-
und unterzugehen, sie beschreibt daher einen größer» Bogen am
Himmel, geht höher über uns weg, verweilt länger am Himmel,
und die Tage sind länger. Hat sie ihren höchsten Stand gegen
Norden erreicht, ist der längste Tag (solstitiüm »estivimi,
Sommerstill st and ) vorüber, so geht sie etwas mehr gegen
Süden unter (etwas mehr lins^, wenn man nach Abend zu sieht),
sie steigt nicht mehr so hoch, verweilt nicht so lange am Himmel,
und die Tage nehmen ab. Endlich erreicht sie den Punkt, wo sie
am südlichsten untergeht, nur einen sehr geringen Bogen am Him-
mel beschreibt, sich wenig erhebt, wenig verweilt, und wir haben
den kürzesten Tag (sol8titium ftideinum oder lwnmale, Win-
ter st i ll st a n d). Zwischen diesen beiden äußersten Punkten kommt
sie 2mal im Jahre an einen Punkt (wo sie über dem Aequator
steht), der gerade zwischen dem äußersten nördlichen und dem äu-
ßersten südlichen liegt, und dann ist die Länge der Tage und der
Nächte gleich (^eciiiinoetia, die Frühlings- und die Herb st -
nachtgleichen; daher heißen die Punkte in welchen die Eklip-
tik den Aequator durchschneidet, die Aequinoctialpunkte).
Hieraus folgt ferner, daß in den Gegenden um den Aequator der
Unterschied der Tag-und Nachklänge nur unbedeutend ist, aber
immer zunimmt, je mehr man sich den Polen nähert. An den
Polen selbst, wenn sie bewohnbar wären, würden die Menschen
die Sonne 6 Monate lang gar nicht und 6 Monate lang beständig
am Himmel fci)cn; sie würde ihnen alsdann weder auf- noch un-
tergehen, sondern nur niedriger oder höher am Rande des Ge-
sichtskreises herumgehen; sie hätten 6 Menate Tag und 6 Monate
Nacht. Auch sieht man etwas Aehnliches in den noch bewohnten
Ländern in der Nähe des Nordpols. Einige Monate wenigstens
bleibt die Sonne ihnen wirklich am Himmel, darauf folgt eine
*) Diese verschiedenen Erklärungsweisen sind nur deshalb hier zusammen-
gehäuft worden, weil die Erfahrung mich belehrt hat, daß nicht Jeder
die Sache durch die ncmlichc Darstellung begreift, und eine Erklärung,
die dem Einen genügt, dem Andern lange unverständlich bleibt, wäh-
rend er eine andre leichter faßt.