1833 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Allgemeine Einleitung. 19
neu. In älteren Zeiten hatte man ziemlich allgemein einen Me-
ridian, der durch die Insel Ferro, die westlichste unter den Cana-
rischen Inseln bei Afrika, gezogen wurde, als den ersten oder den
Anfangspunkt der Zahlung für die Grade auf dem Aequator und
den Parallelkreisen angenommen, und hiernach sind die meisten al-
teren Charten eingerichtet. Jetzt aber finden es die Franzosen be-
quemer den Meridian der Pariser Sternwarte für den ersten anzu-
nehmen, wie die Engländer den Meridian von Greenwich bi
London, wo die Sternwarte ist, die Deutschen den Meridian der
Berliner Sternwarte, oder des Seeberges bei Gotha u. s. w., so
daß man bei jeder Ortsbestimmung, die man in Büchern findet,
erst nachsehen muß, von wo an gezahlt worden ist. Nimmt man
nun, was doch noch immer das gewöhnlichste ist, den Meridian
der Insel Ferro für den ersten, und zahlt auf dem Aequator oder
auf dem Parallelkreise von Berlin die Grade, bis man an die
Stadt gekommen, so findet man, daß sie 31° 2' 15" östlich von
diesem ersten Meridian liegt, und hat somit eine vollkommen ge-
naue Bestimmung ihrer Lage. Hierbei ist noch zu bemerken, daß,
da jeder Meridian die Erde in 2 Hälften, eine östliche und eine
westliche theilt, man vom ersten Meridian aus auf dem Aequator
entweder rund herum bis wieder zum ersten Meridian, also bis zu
360, zählen kann, oder nur bis man auf der entgegengesetzten
Seite der Erde wieder auf denselben Meridian trifft, welches dann
vom ersten Meridian nach Osten 180 ° und nach Westen ebenfalls.
180 ° giebt. Diese letztere Art ist die gewöhnlichere, und wenn also
ein Ort 1° westlich von der Insel Ferro läge, so würde man nicht
sagen, er sey 359° von dem ersten Meridian, sondern er sey 1°
westlich von Ferro. — Man drückt aber alles dieses kürzer aus,
indem man sich der Ausdrücke Länge und Breite bedient. Die
Länge eines Ortes ist seine Entfernung vom ersten Meridian auf
dem Parallelkreise gemessen; seine Breite, die Entfernung vom
Aequator auf dem Meridian des Ortes gemessen; und da durch den
Aequator eine nördliche und eine südliche Hälfte der Erde entsteht,
so giebt es eine nördliche und eine südliche Breite; und eben so, da
jeder Meridian eine östliche und eine westliche Hälfte der Erde
trennt, so giebt es eine östliche und eine westliche Länge. Berlin
liegt also unter dem 52° u. s. w. nördlicher Breite und dem 31°
u. s. w. östlicher Lange. Lima, die Hauptstadt von Peru im süd-
lichen Amerika aber liegt unter dem 12° 1' 15" südlicher Breite
und, nach der ersten Art, unter dem 300 ° 50' 30" der Länge, oder
nach der gewöhnlichern, unter dem 59° 9'30" westlicher Länge.
Die Ausdrücke Länge und Breite stammen wahrscheinlich noch aus
der Zeit her, wo man, mit der wahren Gestalt der Erde unbe-
kannt, zwar viele Länder von Osten nach Westen zu kannte, aber
wenigere von Norden nach Süden; und da wir die größere Aus-
dehnung Länge, die kleinere Breite eines Körpers nennen, so er-
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