1833 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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I V. Die Niederlande. A) Holland.
aus, welche großen schwer beladenen Schiffen nicht erlaubt bis
Amsterdam zu kommen; sie müssen vorher zum Theil ausgeladen
werden und dann erst können sie mit der Fluth in den Hafen ge-
langen. Eben so beschwerlich war auch das Auslaufen schwer be-
ladener Schiffe, bis man die sogenannten Kameele erfand. Dies
sind ungeheure hölzerne, wohl verschlossene Kasten, von der Länge
eines Schiffes und so eingerichtet, daß sie an die Seiten des Schif-
fes gut anschließen. Man läßt sie zuerst voll Wasser laufen, bringt
dann das Schiff zwischen sie und befestigt sie stark an beiden Sei-
ten desselben. Nun wird durch Pumpen das Wasser aus den Ka-
meelen geschafft, welche so wie sie sich leeren und leichter werden,
das Schiff etwa 5 bis 6f. hoch mit emporheben, und in diesem
Zustande wird es dann über den Pampus in tieferes Wasser ge-
schafft. Diesen Schwierigkeiten ist durch den neuen Kanal größ-
tenteils abgeholfen worden, welcher in einer Länge von 12 Mei-
len, durch ganz N. Holland, von dem schönen Hafen Ket niewe
])iep, über Alkmaar und Purmerende, nach Amsterdam führt.
Eine andre Unbequemlichkeit, die aus der Lage der Stadt hervor-
geht, ist die, daß sie stets den Einbrüchen und Ueberschwemmun-
gen der See bei hohen Fluthen und Stürmen ausgesetzt ist. Die
Mündungen der Amstel und aller Kanäle sind daher mit den stärk-
sten Schleusen versehen, um das zu gewaltige Eindringen des
Seewasscrs zu verhindern; doch sind schon oft bedeutende Theile
der Stadt unter Wasser gesetzt worden. Die vielen Kanäle, welche
beinahe alle Straßen durchschneiden, (eine solche Straße heißt
hier liragt), und mit den schönsten Linden besetzt sind, gewähren
zwar dem Handel große Bequemlichkeit, allein sie vermehren auch
die Feuchtigkeit der Luft, und da sie nur wenig Abfluß haben, so
verbreiten sie oft in heißen Tagen einen höchst widrigen Geruch.
Um dies einigermaßen zu verhindern, wird das Wasser durch
Schöpfmühlen so viel als möglich in Bewegung erhalten. Das
Wasser in diesen Kanälen ist wegen der beständig eindringenden
See untrinkbar, und an Brunnen ist" bei dem morastigen Boden
nicht zu denken. Man sammelt daher in allen Häusern das Re-
genwasser zum Trinken; die Brauer aber und andre Handwerker,
die viel süßes Wasser brauchen, müssen es mit Kähnen mehrere
Stunden weit aus der Vecht kommen lassen. Der Boden der
Stadt ist so sumpfig, daß alle Gebäude ohne Ausnahme hier auf
einen Rost erbaut werden müssen. Dieser Umstand hat die Amfter-
dammer lange Zeit abgehalten, sich der Kutschen und andrer Fuhr-
werke mit Rädern zu bedienen, weil man fürchtete, sie möchten
den Grund der Gebäude und die Einfassungen der Kanäle zu sehr
erschüttern. Man bediente sich daher zum Fortschaffen der Waa-
ren nur der Schleifen, ja man setzte auch wohl die Kutschkasten
auf Schleifen, welches ein höchst elendes Fuhrwerk abgab. Jetzt
ist von diesem Vorurtheil nicht mehr die Rede. Die meisten Stra-