1834 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Selbstunterricht
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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E. Amerika.
einander ab; alle Arbeiten wurden gemeinschaftlich verrichtet, aber
kein Indianer erhielt ein Eigenthum, sondern alles was erbaut und
gearbeitet worden, kam in die Vorratshäuser der Jesuiten, welche
daraus die Indianer mit Kleidung, Nahrung und Waffen versa-
hen; aller Handel war natürlich ebenfalls nur in den Händen der
Jesuiten. Da sie aber, angeblich, um Unsittlichkeit zu verhüten,
sich das Recht erwarben, jeden Weißen aus dem Bereich ihrer Mis-
sionen zu entfernen und keinem den Zutritt gestatteten, so beschul-
digten sie ihre Feinde, daß sie sich eine unabhängige Macht unter
den Indianern bilden wollten; welcher Verdacht dadurch allerdings
sehr verstärkt ward, daß, als der östliche Theil dieser Gegenden an
Brasilien abgetreten werden sollte, die Indianer sich mit bewaffne-
ter Hand widersetzten und erst durch abgeschickte Heere unterworfen
werden konnten. Diese ganze Einrichtung hörte auf, als die Je-
suiten 1767 aufgehoben und aus dem Lande entfernt wurden. Die
Zahl der ansässigen Indianer soll seitdem bedeutend abgenommen
haben. Als im Anfang dieses Jahrhunderts in allen spanischen
Provinzen Amerika's Unruhen ausbrachen, erklärte auch Paraguay
.1811 seine Unabhängigkeit, und es gelang einem Eingebornen, dem
frühern Advokaten Br. Francia , in dem ungebildeten Lande einen
so bedeutenden Einfluß zu gewinnen, daß er 1812 auf 3 Jahre,
dann aber 1817 für seine Lebenszeit zum Dictator ernannt
ward. Als solcher beherrscht er das Land unumschränkt, doch soll
er, wenn auch mit großer Strenge, für den Anbau, für die Ju-
stiz, für Schulen und für die Militairmacht viel Löbliches gethan
haben. Aber treu dem alten System der Jesuiten, hat er sein Land
jedem Fremden fast unzugänglich gemacht, und selbst fremde Ge-
lehrte mehrere Jahre lang wider ihren Willen darin zurückgehal-
ten. — Der nordöstliche Theil des Landes soll gebirgig seyn, das
klebrige besteht aus höchst fruchtbaren Ebenen; das Klima ist heiß,
aber nicht ungesund. Ackerbau und Viehzucht machen die Haupt-
beschäftigungen der Einwohner aus. Als das eigenthümlichste und
edelste Product des Landes müssen wir den sogenannten Para-
guay-Thee oder Mate nennen. Er wird aus den Blättern
eines dem Pomeranzenbaume ähnlichen Baumes (Cassine con-
gonha oder Ilex paraguariensis) gewonnen, welcher sich fast
ausschließlich in diesen Gegenden findet. Die Blätter werden ge-
sammelt, geröstet und zerstoßen. In diesem Zustande wird der
Mato wie andrer Thee, aber aus der Kanne selbst mittelst kleiner,
oben durch ein feines Sieb geschlossener Röhren genossen. Den
Gebrauch haben die Europäer von den Indianern erlernt, und
jetzt ist dieser Thee das allgemeine Bedürfniß nicht allein in diesem
Lande, sondern fast in ganz S. Amerika. Es ist daher ein sehr
bedeutender Handelsartikel für Paraguay. — Die einzige bedeu-
tende Stadt ist Assuncion, am Paraguay, vom Dictator fast
ganz neu erbaut, sie soll an 10600 Einw. haben.