1860 -
Hannover
: Pockwitz
- Autor: Ulrici, C. W.
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Roland, erfuhr das Unglück und baute sich auf Rolandseck eine Burg, wo er von
früh bis Abends hinabsah nach Nonnenwerth, bis er seine Braut eines Tages zu
Grabe tragen sah. Vielleicht wäre er der Trauer erlegen, wenn ihn Karl nicht
gerufen hätte, mit ihm »ach Spanien zu ziehen, wo der tapfere Roland im Thale
Ronceval fiel. Die Aussicht vom Drachenfels ist eine der schönsten in ganz Deutsch-
land. Den Rhein hinab sieht man die endlose rheinische Tiefebene, in der Ferne den
Kölner Dom, und noch weiter verschwinden Erde und Himmel im blauen Duft.
Bor sich hat man den Stromspiegel, hinter welchem sich das Tafelland der Eifel in
weite Ferne ausdehnt; rechts, links, im Rücken dagegen streckt das Siebengebirge
seine vulkanischen Felszacken empor.
Die bedeutendsten Städte des Mittelrheines sind: Mainz, die Wiege der Buch-
druckerei, ehemalige freie Reichsstadt und jetzige Bundesfestung, Bingen, Bacharach,
St. Goar, Koblenz, in der Nähe die Burg Stolzenfels, Neuwied, Andernach und
Bonn, eine preußische Universitätsstadt. Zwei Stunden oberhalb Koblenz liegt das
Dorf Reuse links am Rheine, wo die Uferfläche zwischen dem Stroine und den
Bergen breit genug ist, uni eine große Versammlung zu halten. Hier kamen seit
1308 die 7 Churfürsten zusammen und zeigten den neugewählten Kaiser der Deutschen
dem umhergelagerten Volke. Kaiser Max war der letzte, der sich hier auf dem
steinernen Kömgsstuhle zeigen und in Eid und Pflicht nehmen ließ, eye er in Aachen
einzog. — Die beträchtlichsten Nebenflüsie des Mittelrheines sind: der Main, die
Mosel, die Lahn und Sieg.
Der Niederrhein (52 Meilen lang) beginnt bei Bonn. wo sich das Rheinthal
erweitert; links hören die Berge auf, und nur ain rechten Ufer, doch schon entfernt
davon, begleiten ihn noch die Höhen mehrere Meilen weit, bis unterhalb Düsseldorf
eben so rechts als links sich die große Fläche von Niederdeuischlano ausbreitet.
Zwischen niedrigen Rändern bewegt sich der breite Strom und überschwemmt öfters,
wo nicht starke Deiche oder Dämme die Wiesen und Felder schützen. Unterhalb
Emmerich spaltet er sich in viele Arme: Waal, Issel, Leck, Vecht und alter Rhein,
die sich in; niederrheinifchen Tieflande ausbreiten und theils unmittelbar in die
Nordsee, theils in den Zuyder (spr. Sender-) See ergießen. Das von ihnen einge-
schlossene Deltaland ist außerordentlich fruchtbar. Durch die vielen wasserreichen
und schiffbaren Arme, die der Rhein absendet, schwächt er sich selbst so sehr, daß er
zuletzt als alter Rhein so klein und seicht wird, daß er durch Kunst hat schiffbar
geinacht werden müssen. Die Stadt „Leiden" an seiner Mündung bezeichnet seinen
Zustand nicht unrichtig. Die mit der Waal sich verbindende Maas läßt sich als
einen Zwillingsstrom des Rheines betrachten.
Niederrheinische Städte sind: Köln, Düsseldorf, Wesel. Auf den Inseln des
Deltalandes liegen die großen holländischen Städte: Amsterdam, Haag, Rotterdam,
Utrecht.
Der Schifffahrtsverkehr auf dem Rheine ist groß; da derselbe sich nach der
Waffermassc und dem Gefälle eines Stromes richtet, so ist es nicht überflüssig, über
letzteres noch einige Worte herzusetzen. Die Höhe der Nheinquelle beträgt 5360 F.,
beim Bodensee ist die Seehöhe des Rheines 1250 F., bei Basel nur noch 770 F,
bei Siraßburg 424, bei Mainz 263, bei Bonn 138, bei Köln 112 F. Die Geschwin-
digkeit seines Laufes wird natürlich mit der Abnahme des Gefälles immer geringer,
die Schifffahrt darum nach der Mündung zu immer mehr begünstigt. Vom Äodensee
an ist der Strom schiffbar, und nur durch den Rheinfall bei Schaffhausen wird die
Schifffahrt unterbrochen. Seeschiffe gehen bis nach Köln hinauf. Außer Schiffen
sieht man auf dem Rheine auch zahlreiche Flöße, deren Holz aus den Gebirgen
herabgeschafft und im holzarmen Holland verkauft wird. Oie Schifffahrt ist entweder
eine Thal- oder eine Bergfahrt: zur Bergfahrt, die stromaufwärö geht, müssen die
Schiffe, wenn nicht gerade sehr günstiger Wind ist, durch Menschen oder Pferde
gezogen werden. Um eine Ladung von 2000 Centnern zu Berge zu ziehen, bedarf
es an 30 Menschen oder 7 — 8 Pferde. Nur die Dampfboote arbeiten sich durch
ihre eigene Kraft den Strom hinauf und mit bewundernswerther Raschheit; mair
zählt ihrer mehr als 30 auf dem Rheine, wodurch der Verkehr außerordentlich
befördert wird.
Unter den Handelsstädten des Rheines steht Köln mit obenan. Das
kommt besonders von seiner vorzüglichen Lage, die schon in uralter Zeit er-
kannt wurde.