1865 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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erneuern, das Zerfallene wiederherzustellen, das Unvollendete zu vollenden,
und schon ist Vieles geschehen, Bogen, Fenster, Säulen, Sacristeien er-
neuert, das westliche Eingangsthor (Portal) schön restaurirt, zwei hohe
neue Hauptthürme errichtet und mit vergoldeten Kreuzen auf der Spitze,
mit Gallerien an den Seiten und mit kleineren Thürmen an den Ecken
geziert u. s. w. Aber die Arbeit ist noch lange nicht zu Ende.
2. An der Nordseite bietet der äußere Dom den erhebendsten und
bedeutendsten Anblick. Ueber der Eingangsthür dieser Seite sehen wir
eine Menge Bilder in Stein, darstellend den Tod der Maria, die Apostel,
Christus in der Herrlichkeit, Männer mit Bändern, auf welchen Sprüche
stehen. In dem Anbau auf der Oftfette ist die Domschule, die Anbaue
im Süden und Westen dienen zu Wohnungen. Der Eindruck des Innern
ist am ergreifendsten, wenn wir von dem Hauptportal im Westen ein-
treten. Welch' eine Menge hoher, mächtiger Säulen, welch' eine Pracht
der Bogen in der Höhe, welch' ein wundervoller Blick durch die weiten,
hochgewölbten Räume in das ferne Ende gegenüber! Von den Sehens-
würdigkeiten merken wir uns folgende: Rechts vom Eingang hängt an
einer Kette ein großer Knochen, nach der Sage ein Stück von dem Rück-
grat des Walfisches, in dem Jonas, der Prophet, gelegen, wahrscheinlich
ein Knochen von einem urweltlichen Landthiere. Gegenüber auf der linken
Seite hängt ein schwärzlicher, unten zugespitzter, keilförmiger, eine Spanne
langer Stein, nach der Sage ein Donnerkeil, wahrscheinlich ein Streit-
kolben der heidnischen Vorfahren. Dazwischen steht ein schöner Taufstein
aus Porphyr, mit marmornem Untersatz. An der linken Wand sind sechs
kleine Säulen, die, angeschlagen, glockenähnlich klingen. Die Kanzel in
der Mitte der Kirche ist au der äußern Treppenwand, an der Brüstung
und am Schalldeckel mit biblischen Sprüchen und mit zahlreichen Bildern
aus der biblischen Geschichte und kirchlichen Sage, am Schalldeckel u. A.
mit den vier Evangelisten und ihren Sinnbildern, dem Menschen, dem
Löwen, dem Stier und dem Adler, und ringsherum mit den Wappen
der Domherren geschmückt. Vor der Kanzel, über dem Grabmal eines
Dompropstes hängt vom Kirchengewölbe eine große messingene Lichter-
krone herab, an welcher die zwölf Apostel in künstlichen Bildern zu seheu
sind. An den Pfeilern gegenüber und unweit der Kanzel sind verschiedene
Standbilder von Stein zu sehen, Maria mit dem Jesuskinde auf dem
Arm, der heilige Moritz, geharnischt, einen Schild zur Seite, der heilige
Sebastian, von Pfeilen durchbohrt (doch sind die Pfeile mit den Jahren
herausgefallen und jetzt nur noch die Löcher sichtbar, worin sie gesteckt),
der heilige Georg, wie er den Lindwurm tödtet, der heilige Hierony-
mus, mit der Bibel in der Hand, ein Löwe davor, der sich an ihm
hinaufstreckt und ihn anleckt, Karl d. Gr., die Krone auf dem Haupte,
Scepter und Reichsapfel, die königlichen Abzeichen, in den Händen,
Wittekind, der von ihm überwundene Sachsenherzog in Knabengestalt
vor ihm knieend. An zwei Pfeilern einander gegenüber befinden sich zwei
überaus reich ausgestattete Wappenschilder; an einem Pfeiler ist eine alte
zerrissene Fahne befestigt und an einem andern sind, wie in allen Kirchen
unseres preußischen Vaterlandes, auf einer schwarzen Tafel unter einem