1865 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
12
verlassener, der Welt entsagender und in der Stille ihrem Gott dienender
Frauen und Mädchen. Die hiesigen hatten von dem blauen Kleide, das
sie trugen, den Namen der blauen Beguinen. Die Ritterstraße
hat den Namen von einer Verbindung tapfrer geistlicher Ritter, der
Tempelherren, deren viele auch in Halberstadt wohnten. Sie trugen ein
weißes wollenes Kleid mit einem rothen Kreuz ans der Brust. — Die
Klöster und Stifte sind schon seit 50 Jahren aufgehoben und ihre Ge-
bäude und Güter anderweit verwendet. So das Nicolaikloster, zu
dem die schon erwähnte Nicolaikirche gehörte. Das Burchardi-Non-
uenkloster, von einem Bischof d. N. gegründet, ist gegenwärtig ein
großes Gut, und die dazu gehörige Kirche der Schafstall; doch zeigen
noch heute zwei Bilder über dem Eingangsthor, der Apostel Jakobus und
der Bischof Burchard mit der Bischofsmütze und dem Krummstab (dem
Zeichen der geistlichen Herrschaft), die ursprüngliche Bestimmung der Ge-
bäude au. Am Kulk befindet sich das Georgen Hospital. Das
Pfortenhaus am Tränkethor ist ein Stift für alte, einsame Frauen;
an einem Nebengebäude desselben, auch einem Frauenhaus, sind die schö-
nen Worte aus Jesaias (46, 4) zu lesen: Ich will euch tragen bis in
das Alter und bis ihr grau werdet, spricht der Herr. Am Harsleber
Thor steht das Heiligengeist-Hospital mit einer kleinen Kirche, über
deren einem Eingänge der Apostel Bartholomäus und der heilige Geist
in Gestalt der Taube, über dem andern Christus am Kreuze abgebildet
ist. Bor dem Wasserthor ist das städtische Krankeuhaus; das Kirch-
lein dabei ist ganz verfallen und wird zur Aufbewahrung von Holz und
Geräthen gebraucht. Der Siechenhof vor dem Gröperthor besteht aus
zwei großen Gebäuden und ist von hundert armen, alten, hülflosen Leuten
bewohnt; er ist auf den Namen Johannes des Täufers gebaut, dessen
Fest die Alten dort mit vielen Blumen und Kränzen und Fröhlichkeit, wie
es eben noch gehen mag, unter zahlreichem Besuch ans der Stadt be-
gehen. Er soll gegründet sein von zwei Gräfinnen, Netta und Marga-
retha von Reinstein und Blankenburg, welche durch den Gebrauch der
dortigen Gesundbrunnen vom Siechthum genasen. Der Brunnen stellt
auch die beiden Stifterinnen in steinernen Bildern dar. Endlich in der
Oberstadt befindet sich, neben der Kirche des Namens, das Franziska-
nerkloster, jetzt auch ein Hospital.
8 7. Andere Häuser.
1. Halberstadt hat viele sehr alte und asterthümliche Häuser, die
aus Holz und so gebaut sind, daß jedes höhere Stock um eine Schwell
stärke über das untere hinausgerückt ist. An den verschiedenen Stock-
werken stehen zahlreiche menschliche uno thierische Figuren, auch spaßhafte
Zerrbilder, aber auch mancher fromme Spruch und oft ein Wort, das
den Namen des Erbauers und den Zweck des Baues nennt. So steht
an einem: Diese beiden Häuser hat Jungfer Magdalena Botgers bauen
lassen Anno 1663; an einem andern: Am Tage Margarethä sind diese
Häuser gerichtet; an einem Schnlhause: Macht euch her zu mir, ihr Un-
erfahrenen, und kommt zu mir in die Schule, — dann folgen Namen