1865 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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im Umkreis der Stadt Denksäulen errichtet (44 bis jetzt), die anzeigen,
welcher General oder Fürst und welche Völkerschaften hier und da und
dort gestanden und gestritten und gefallen. Eine solche Säule steht auf
einem Hügel neben einer Windmühle, und darauf ist geschrieben: Hier
weilte Napoleon am 18. October 1813, die Kämpfe der Völkerschlacht
beobachtend; und auf der andern Seite: der Herr ist der rechte Kriegs-
mann, Herr ist sein Name. 2. Mos. 15, 3. Die Gegend um die Stadt
ist noch eintöniger als die bei Magdeburg und Halle, kein Berg, kein
Wald, kein See, auch kein großer Fluß. Aber die nächste Umgebung ist
durch schöne Anlagen überaus anmuthig: in den Wällen herrliche Gärten
und Wetngelände, rings um die Stadt eine prächtige doppelte Linden-
allee („o Leipzig, herrliche Liudenstadt"), ein Wäldchen mit unmuthigen
Blumenbeeten, Wegen und Wirthschaften, das Rosenthal genannt. Un-
weit der Promenade bei einem Schwanenteich zwischen Wiesen und Blu-
men und Bäumen steht ein Denkmal, einem frommen Manne errichtet,
Christian Fürchtegott Gellert, den ihr aus seinen schönen Fabeln und
Liedern schon kennen werdet. Oder hättet ihr noch nicht das: Till Eulen-
spiegel zog einmal re. gelesen, oder: von ungefähr muß einen Blinden rc.,
oder: ein guter dummer Bauerknabe rc., oder: zween Wächter, die die
ganze Nacht rc., oder die schönen frommen Lieder: auf Gott und nicht —
mein erst Gefühl — nach einer Prüfung — wenn ich, o Schöpfer —
dies ist der Tag, den Gott gemacht — Herr, der du mir das Leben —?
Gellert war hier an der Universität Professor. Sein Grab auf dem
Johanniskirchhof, mit Chpressen bepflanzt und mit einem eisernen Gitter
umgeben, wird noch jedes Jahr an seinem Geburtstage von dankbaren
Händen mit Kränzen und Blumen geschmückt. So stehen auch bei der
Thomasschule, einem Gymnasium, das in weiter Ferne durch seinen
Gesang berühmt ist, ein paar Statuen von zwei großen Meistern der
Musik, die zu ihrer Zeit an dieser Schule Cautoren gewesen, von Joh.
Sebastian Bach und von Hiller. Hiller hörte einmal auf der Straße
drei Mädchen zur Harfe singen; ihre Stimmen gefielen ihm, er nahm
die armen Mädchen in sein Haus auf und bildete sie in der Gesangs-
kunst weiter aus. So wurden sie nachmals berühmte Sängerinnen und
haben ihrem Wohlthäter das Denkmal errichtet. Ein andres Denkmal
steht aus dem Platz vor dem Theater, das stellt Hahnemann dar, den
wir schon bei Köthen erwähnt haben. Damit sind wir nun schon in die
innere Stadt gekommen. Sie ist wunderschön gebaut, hat große, breite
Straßen und hohe, prächtige Häuser, besonders Kaufläden in zahlloser
Menge; denn Leipzig ist eine sehr bedeutende Handelsstadt. Täglich
kommen und gehen Fremde aus aller Welt, besonders des Handels wegen,
und zur Meßzeit finden sich Handelsleute von allen Völkern ein, außer
den Deutschen aller Stämme Franzosen, Engländer, Spanier, Griechen,
Perser, Armenier, Türken, Russen, Amerikaner, polnische Juden: das ist
ein Getreide auf allen Straßen und Märkten durch einander! Und was
werden da für Handelsgeschäfte abgeschlossen. Es giebt kein Erzeugniß in-
oder ausländischer Kunst oder Natur, das hier nicht in Kauf und Verkauf
käme, Wein, Getreide, Leder, Leinwand, Seife, Handschuh, Wolle, Baum-
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