1865 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Schnee umkommen, trotz der ausgesteckten Signalslangen und Zeichen mit
Glocken oder Trompeten. Und doch ist der Winter den Eingebornen ein
willkommener Gast; sie fahren dann auf Schlitten oder in Schnee-
schuhen, die sie an die Füße schnallen, über Berg und Thal wie der
Wind dahin zu Gesreundten, die sie sonst nicht sehen, und auch die Kinder
bekommen dann Muth und Lust und fahren auf kleinen Schlitten von den
steilsten Höhen hinab. Der Winter ist ihnen aber auch aus einem andern
Grunde noch lieb. Die Erzgebirger lieben nämlich das Wandern. Da
ziehen denn im Frühjahr Hunderte in die Fremde, auch Knaben dabei
mit Karren, auf denen ihr ganzes Waarenlager liegt, Bänder, Spitzen,
Zwirn, Schüsseln, Teller, Löffel, Kannen u. a. Sachen aus Holz und
Blech. Damit ziehen sie durch ganz Deutschland, ja bis nach Rußland
hinein, und verhandeln ihre Schätze. Viele gehen auch -blos mit Axt
und Kelle fort, um in der Fremde Zimmer- oder Mauerarbeit zu thun.
Aber die Sehnsucht nach der lieben, armen Heimath verläßt sie auch in
der Ferne nicht; und wenn es Winter wird, kehren sie fröhlichen Herzens
wieder heim in die Hütten zu den Ihrigen, um ihnen, was sie draußen
erworben, zu bringen und von dem, was sie draußen gesehen, den hor-
chenden Kleinen zu erzählen. Aber die Arbeit ruht darum nicht. Da
sitzt denn in der dunkeln, dumpfen Stube Mutter und Töchter bei ihren
Spinnrocken oder vor ihrem Muster in emsiger Arbeit, die Knaben mit
dem Vater hinter dem Webstuhl, wenn sie nicht draußen in der Wirth-
schaft oder mit Holzschnitzen oder unten im Bergwerk zu thun haben.
Und so geht's Jahr aus, Jahr ein. — Ein Hauptverdienst erwächst den
armen Leuten aus dem Spitzenklöppeln, mit dem sich Frauen und
Mädchen, auch kleine Mädchen schon, fast ausschließlich beschäftigen. Die
Arbeit ist diese. Man befestigt das Pergament, worauf das Muster ge-
zeichnet ist, auf das Klöppelkissen und besetzt das ganze Muster senkrecht
mit Stecknadeln. Dann nimmt man Klöppelhölzer, mehr oder wenig,
nachdem das Muster breit ist. Die Hölzer sind etwa von der Länge eines
Bleistifts, rund, unten mit Blei beschwert und stecken in einem Röhrchen,
dem Klöppeldutel, damit der auf die Hölzer gewickelte Zwirn sich leicht
abwindet und nicht mit den Fingern berührt zu werden braucht. Die
Fäden werden dann bald rechts, bald links um die Stecknadeln geschlungen
und mit einander verknüpft, wie es das Muster vorschreibt, und so ent-
stehen Augen oder Maschen und am Ende die ganzen Spitzen. Die
Arbeit geht ungemein schnell und sicher von Statten und sieht sich sehr
hübsch zu. So einträglich ist die Arbeit indeß nicht mehr, weil die Groß- *
Händler in den Städten und die Fabriken den armen Leuten die Preise
sehr Herabdrücken. — Die Erfinderin dieser Kunst soll eine fromme, mild-
herzige Frau in Annaberg gewesen sein, Barbara Uttmann. Die
jammerte die Roth des Volkes, da lehrte sie es das Spitzenklöppeln und
so kamen Tausende zu einem einträglichen Erwerb. In Annaberg, noch
heute dem Hauptort des Klöppelnd, ist ihr Grab und auf dem Grabe
ein Denkmal. Auf der Vorderseite desselben ist ein Engel dargestellt,
mit dem Füllhorn des Segens, der am Klöppelstock sitzenden Barbara
einen Lorbeerkranz aufsetzend. Der obere Theil des Würfels, wie von