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1. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 188

1829 - Crefeld : Funcke
188 — 6. Dee Gräfin von Kieve. Auf dem Söller ihrer einsamen Burg saß Beatrir, die junge, schöne Gräfin von Kleve, und schaute traurig den Rhein hinauf. Sie hatte keine Aeltern mehr, denn ihr Vater war längst nach Palästina gezogen und nicht mehr zurückgekehrt, und der Tod hatte chr nun auch kürzlich die Mutter entrissen, und mit dieser war alle Lust ihres Lebens zu Grabe getragen worden. Es war ein stiller Sommerabend, und'so weit das Auge reichte, sah man kein Fahrzeug auf dem Strom und keinen Wan- drer an seinen Ufern. Die junge Gräfin kam sich vor, als wäre sie allein in der Welt, und ihr gepreßtes Herz floß in Thränen über. Jetzt zeigte sich in der Ferne ein Schiff, das mit vollen Segeln daher flog. Das Scbiff kam bald näher, und endlich so nah, daß Beatrir Alles darauf recht deutlich unterscheiden konnte. Oben auf der Scgelstauge schimmerte ein goldener Schwan, und tief unten hieng ein Schild mit demselben Zeichen. Auf dem Verdeck stand ein junger Ritter von stattlichem Ansehen, der, fast unbeweglich, nach der Gräsin hinüber sah. Das Fahrzeug wendete jetzt plötzlich nach dem Ufer, wo die Burg stand. — Beatrir empfand darob ein unerklärli- ches Bangen, und entfernte sich vom Söller, als die Rei- fenden ans Land stiegen. Sie ging nachdenkend im Ge- mach auf und ab; da meldete man den fremden Ritter, der eben angelangt war. Beatrir empfing ihn mit Herz- klopfen — sie hatte nie eine so edle, einnehmende Jüng- lingsgestalt gesehen, und in ihr unbewachtes Herz fiel der erste Funke der Liebe. Der Fremde sagte seinen Na- men und seinen Auftrag. Er hieß Erlin von der Schwa- uenburg, kam aus Antiochien, und brachte der Gräfin Kunde von ihrem Vater, der noch am Leben war, aber sich, durch ein Gelübde, auf Lebenslang, zum Dienste der Christen in Palästina verbunden hatte. Beatrir wur- de bei der Nachricht von Schmerz und Freude bewegt; doch behielt jener die Oberhand, denn es grämte sie sehr, daß sie ihren Vater nicht mehr sehen sollte. Erlin blieb drei Tage bei der Gräfin, und mußte ihr die ganze Zeit über von ihrem Vater erzählen. Am Abend des dritten Tags überreichte er ihr ein Brieflein mit den Worten: Les't, schöne Beatrir, und sagt mir dann, ob ich morgen reisen oder noch länger bleiben soll! Das Brieflein war von ihrem Vater und erhielt die we- nigen Worte:
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