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1. Schul-Lesebuch - S. 135

1856 - Berlin : Stubenrauch
135 Da nun Luther die heilige Schrift zu verdeutschen anfing, las man das Wort Gottes begierig, so jemand lesen konnte; denn diese Kunst verstanden nicht Viele: Desto eifriger hörten sie zu, wo das Wort Gottes lauter und rein verkündigt wurde. Wie die warme Frühlingssonne den Schnee hinwegschmilzt, der auf unsern Feldern liegt; es kommen die grünen Blätter der Saat hervor, und bald gleicht das Land einem schönen grünen Teppich: also thaute das lebendige Wort Gottes den thörichten Aberglau- den hinweg, und es begann sich wieder ein neues Leben zu regen in den Herzen der Menschen. Es ist nicht selten geschehen, daß sie in den Kirchen, da man früher meist nur in lateinischer Sprache redete, wie aus einem Munde ein geistliches Lied in der Mutter- sprache zu singen anfingen; es wußte keiner, wer den Anfang ge- macht hatte; aber sie sangen es alle mit, recht aus Herzensgründe. So ein Lied hat oft mehr gewirkt, als eine Predigt; sonderlich sangen sie gern das Lied des Paul Speratus: Es ist das Heil uns kommen her aus Gnad' und lauter Güte. Im Herzen waren die Märker längst dem Luther zugethan, und wenn's auf sie angekommen wäre, so wäre der evangelische Gottesdienst und die evangelische Predigt, wie es zu Wittenberg und anderswo der Fall war, sogleich eingeführt worden. Aber Kurfürst Joachim I. dachte anders. Der regierte damals die Marken mit kräftiger Hand. Es war nicht gut gethan, ihm zu widersprechen; denn er war ein strenger Herr und Gebieter. Die Adligen, welche es noch liebten, hinter den Büschen in den Haiden zu liegen und auf die reichen Kaufherrn, die mit ihren Gütern zur Messe reiseten, zu lauern, wußten davon zu erzählen. Der strenge Fürst hatte ihrer viele schimpflich hinrichten lassen; er wollte solche Landschädiger nicht dulden. Seitdem fürchtete man ihn. Die Reformation widerstrebte ihm. Es war ihm ein Gräuel, daß ein schlichtes Mönchlein sich unterfangen hatte, die Kirche Jesu Christi zu reformiren. An dem Werke waren früher Für- sten zu Grunde gegangen. Es hatte ihn auch der Aufruhr der Bauern in Thüringen und Franken geärgert. Diese hatten das Wort Gottes von der Freiheit des Christenmenschen schlecht ver- standen, hatten die Fahne der Empörung aufgepflanzt und waren plündernd und mordend durch Deutschland gezogen. Es waren Gräuels geschehen, davor man erschrickt, wenn man davon hört. Nur mit Mühe waren die Fürsten der Bauern Meister geworden und hatten sie zu Tausenden erschlagen. Joachim aber meinte, das habe der Luther angerichtet, und der war doch unschuldig an dem thörichten und sündhaften Unterfangen der Bauern. — Es mag auch wohl wahr sein, daß der Kurfürst mit Neid auf die
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