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1. Schul-Lesebuch - S. 192

1856 - Berlin : Stubenrauch
192 42. Gottes Strafgericht in Rußland. Napoleon hatte fast alle Fürsten und Völker Europas be- zwungen, und schwer lastetete seine Hand auf den besiegten Län- dern. Seine Heere standen in Spanien; Italien war ihm unter- worfen, Holland ihm unterthänig; Oesterreich hatte er nieder- geworfen in blutigen Schlachten; die deutschen Fürsten mußten thun, wie er wollte, und auch Preußen hatte er an den Rand des Verderbens gebracht. Nun gelüstete es ihn, auch Rußland seiner Herrschaft zu unterwerfen. Im Sommer des Jahres 1812 brach er mit Viermalhunderttausend auserlesenen Kriegern zu Fuß und sechzigtausend zu Roß nebst 1200 Stück Geschütz in das große russische Reich ein. Er hatte die besten Schaaren aus allen Län- dern Europas gesammelt. Sie waren in allen Künsten der Waffen wohl geübt und mit allem Kriegszeuge auf's Beste versehen. Aber in diesem Kriegszuge setzte Gott dem stolzen Eroberer sein Ziel. — In mehreren blutigen Schlachten zeigten sich zwar die Russen tapfer; aber sie mußten das Schlachtfeld räumen und zogen sich tief in das Land hinein nach Moskau, der alten Hauptstadt des Reiches, indem sie Alles hinter sich her verheerten. Napoleon folgte ihnen gegen den Rath seiner Generale. Da ereilte ihn in der alten Zaarenstadt die göttliche Gerechtigkeit. Am 14. Septem- der war er siegestrunken in das ehrwürdige Schloß der russischen Kaiser, den Kreml, eingezogen; aber schon in der folgenden Nacht brachen dort über seinem Haupte die Flammen aus, welche vier Tage lang wütheten und die ganze Stadt in Asche legten. Un- säglicher Schrecken ergriff das französische Heer, welches in Mos- kau sichere Winterquartiere zu finden gehofft hatte. Ende October mußte Napoleon den Rückzug durch das feindliche Land antreten. Hierauf hatten die Russen gewartet. Mit den Schwärmen ihrer Kosacken verfolgten sie den fliehenden Feind, ließen ihm keine Ruhe weder bei Tag, noch bei Nacht, und wer sich nur von dem Haupt- heere entfernte, wurde niedergemacht. Da brach Tod und Verder- den noch furchtbarer über das gewaltige Heer hinein. Früher als gewöhnlich brach in den öden Steppen Rußlands ein harter Win- ter ein. Die fliehenden Schaaren hatten keinen Schutz gegen seine Strenge; ihre Kleider waren zerrissen; die Füße, halb entblößt, zitterten auf dem kalten Schnee; die Dörfer und Städte waren verwüstet; nirgend ein Obdach gegen den furchtbar schneidenden Wind; kein Bissen Brot, den nagenden Hunger zu stillen. Da ergriff Verzweiflung ihre Herzen. An jedem Morgen lagen Hau- sen Erfrorener um die ausgebrannten Wachtfeuer. Die ermatte- ten Krieger konnten sich kaum weiter schleppen; Tausende blieben zurück und wurden eine Beute der russischen Wölfe. Als das er- schöpfte Heer über die Beresina zog — hinter ihm her waren
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