1856 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Feinde besetzt. Uebermuth und Treulosigkeit vereitelten Meine be-
sten Absichten, und nur zu deutlich sahen wir, daß Napoleons
Verträge mehr noch, wie seine Kriege uns langsam verderben
mußten. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung
aufhört. Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litthauer!
Ihr wißt, was euer trauriges Loos sein wird, wenn wir den
Kampf nicht ehrenvoll endigen. Große Opfer werden von Allen
gefordert werden; denn unser Beginnen ist groß, und nicht gering
die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Aber welche Opfer auch
gefordert werden, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für
welche wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen,
wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein.
Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere
Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen an-
dern Ausweg giebt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen
ruhmvollen Untergang, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche
nicht zu leben vermag. Mit Zuversicht dürfen wir vertrauen,
Gott und ein fester Wille werden unserer gerechten Sache den
Sieg verleihen, und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen
Zeit!" —
Zugleich wurde eine Verordnung wegen Errichtung der Land-
wehr im ganzen Umfange des Reiches erlassen: „Mit Gott,
für König und Vaterland" sollte ihr schöner Wahlspruch
sein. Mit demselben Wahlspruch hatte der König wenige Tage
zuvor am Geburtstage der Königin Luise, am 10. März, den
Orden des eisernen Kreuzes als Auszeichnung für die Hel-
den des Befreiungskrieges gestiftet, um der patriotischen Begei-
sterung durch das Andenken der theuren Verklärten eine höhere
Weihe zu ertheilen. Des Königs Aufruf entflammte diese Be-
geisterung zu dem herrlichsten Feuer. „Der König rief, und
Albe, Alle kamen!" ist das erhebende Gedenkwort jener herr-
lichen Zeit geblieben. Das gesammte Volk wollte lieber die höchste
Noth und Entbehrung, als eine neue Knechtschaft, tragen. Ganz
Preußen war wie eine große Waffenstätte; alle Kräfte regten sich
in neuer Lust und Frische. Jünglinge, die kaum aus dem Knaben-
alter getreten waren, Männer mit grauem Haar, Väter zahl-
reicher Familien — Alles eilte herbei zu dem harten Dienste des
Krieges. Aber nicht die Männer allein, es waren auch Greise
und Kinder und vor allem die Frauen, welche von einem schönen
Eifer entbrannt waren. Das ganze Volk arbeitete und lebte für
den Krieg'. Wer nicht mitziehen konnte, der gab sein Gut und
die Arbeit seiner Hände. Freudig brachte die Hausfrau ihren
Schmuck oder ihr Silbergeräth, das sie mit Zinn oder Eisen er-
setzte, die Kinder ihren Sparpfennig, die Dienstmagd^ die Ringe
aus ihren Ohren; — und edle Jungfrauen gab es, die, weil sie