1856 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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39. Uebergabe des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses.
(Der 25. Juni 1530.)
Der Kaiser Karl hatte viel Kriege und Händel außerhalb
der deutschen Lande zu bestehen; darum konnte er die kirchlichen
Streitigkeiten nicht immer vor die Hand nehmen. Indeß schrieb er
1529 einen Reichstag zu Spei er aus. Da aber die Katholischen
hier mehr Stimmen hatten, als die Bekenner des lauteren Evan-
gelii, so setzten sie den Beschluß durch, daß es Keinem ferner ge-
stattet sein solle, zu den Lutherischen überzugehen. Dagegen legten
die Lutherischen eine Protestation ein, d. i. eine Einsprache, worin
sie erklärten, daß sie bei ihres Herrn und Heilandes Wort, wel-
ches sie ohne Zweifel rein, lauter und recht hätten, verbleiben woll-
ten, und daß sie aus redlichen Gründen den Beschluß des Reichs-
tages für nichtig und unbündig erklären müßten. Diese Protesta-
tion unterschrieben sechs Fürsten und vierzehn Reichsstädte. Von
dieser Protestation hießen die Lutherischen seitdem Protestanten.
Nun geschah es, daß der Kaiser nach Italien zog, damit er
dort die Kaiserkrone empfinge. Als Papst Clemens in ihn drang,
der Kaiser solle mit Schwertes Gewalt die neue Lehre ausrotten,
hat dieser antworten lassen: Es wären zwei Wege, Frieden und
Einigkeit in der Christenheit anzurichten; entweder daß man mit
dem Schwerte die Halsstarrigen strafe, oder daß man gütliche
Wege einschlage. Er sei gesonnen, gütliche Wege vorzunehmen.
Deshalb ward der Reichstag zu Augsburg ausgeschrieben, auf
welchem man wegen der Religionsirrung gütliche Unterredung
halten und zugleich wegen des Türkenkrieges rathschlagen wollte.
Denn die Türken hatten 1453 Constantinopel erstürmt und be-
drohten seitdem mit ihren wilden Horden die deutschen Lande.
Kaiser Karl aber gedachte, sie zu bekriegen, und er brauchte dazu
die Hülfe der Protestanten; daher war er gegen sie milder ge-
sinnt. Kurfürst Johann von Sachsen berathschlagte mit seinen
Gelehrten, was zu thun sei. Auf ihren Rath beschloß er, den
Reichstag zu besuchen. Zugleich befahl er, daß von der evange-
lischen Lehre ein Entwurf aufgesetzt würde. Luther schrieb 17 Ar-
tikel der christlichen Lehre nieder und sandte sie dem Kurfürsten nach
Torgau. Darauf brach der Kurfürst von Sachsen am 3. April
1530 von Torgau nach Augsburg auf und hielt mit großem Ge-
folge von fürstlichen und gräflichen Personen, vielen Rittern, Edel-
leuten und Räthen, auch den vornehmsten Gottesgelehrten seines
Landes seinen Einzug in Augsburg.
vr. Luther war anfänglich auch mit in dem Gefolge des Kur- ^
fürsten; jedoch weil dieser befürchtete, er möchte durch die Gegen-
wart dieses Mannes den Kaiser beleidigen, so ließ er vr. Luther
heimlich auf der Festung Koburg, mit dem Versprechen, in der
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