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1. Schul-Lesebuch - S. 458

1856 - Berlin : Stubenrauch
458 Vollendung des jüdischen Krieges auf. — Schrecklich sah es in- dessen in Jerusalem aus. Drei Parteien standen in der unglück- lichen Stadt einander gegenüber und bekämpften sich im offenen Bürgerkriege, also daß das Blut in Strömen floß. — Das Aas war da; nun sammelten sich die Adler. Die rö- mischen Soldaten erschienen vor den Mauern Jerusalems. Sie fingen sogleich an, die furchtbarsten Belagerungswerkzeuge zuzu- richten und einen großen Wall um die Stadt zu ziehen. Die Sturmböcke begannen mit furchtbarem Getöse ihre Arbeit gegen die Mauern. Von den Thürmen, welche die Römer vor den Thoren errichtet hatten, drangen tödtliche Geschosse unter die Be- lagerten. Umsonst war die wüthende Gegenwehr der Juden; nach vierzehn Tagen mußten sie dem siegreichen Feinde die äußerste und dann bald auch die mittlere Mauer der Stadt Preis geben. Zwar gelang es den Juden noch einmal, sie zurückzutreiben. Kurz jedoch war die Freude der Sieger; bald standen, die Römer wie- der in dem unteren Theile der Stadt. In dieser begann noch ein anderer Feind zu wüthen, der Hunger. Fast drei Millionen Menschen waren hier versammelt wegen des eben eingetretenen Passahfestes; Alle wollten leben, und der Feind hatte die Zufuhr abgeschnitten. Bleich und siech schlichen die Einwohner wie Schat- ten umher. Gierig verschluckte der Hungrige die rohen Körner des Getreides. Keine Bande des Blutes und der Freundschaft wurden mehr geachtet. Der Vater sah mit Kälte den Sohn ver- schmachten; die Mutter versagte dem weinenden Säugling die stärkende Milch. Wen der Hunger verschonte, der erlag dem Schwerte. Bewaffnete Schaaren drangen in die Häuser der Reichen ein und raubten die vorhandenen Vorräthe; fanden sie Widerstand oder keinen Vorrath, so stießen sie die Bewohner nieder und spal- teten das Haupt des lebenssatten Greises wie des unmündigen Kindes. — Trotz dem gelang es den Juden, die mit wilder Wuth kämpften, bei einem Ausfalle sämmtliche Belagerungswerkzeuge der Römer und ihre Verschanzungen in Brand zu stecken. Nun ließ Titus die Stadt durch eine ungeheure Mauer ganz eng einschlie- ßen. Jetzt stieg die Noth auf's Höchste. Greise, rüstige Männer, Frauen und Kinder sanken auf den Straßen «id in den Häusern nieder. Die ganze Stadt glich einem großen Leichenhause. Man sah sich gezwungen, die ungeheure Menge der Todten über die Stadtmauer zu werfen und die Gräben damit zu füllen. Den- noch durfte Niemand von Uebergabe reden; wer es that, ward hingerichtet. Viele gingen zu den Römern über in heimlicher Flucht; diese aber schnitten ihnen den Leib auf, weil sie glaubten, die Juden hätten Gold verschluckt. — Um jeden Bissen Brotes ward in der Stadt ein unmenschlicher Krieg geführt; der Bruder fiel durch des Bruders Schwert. Taumelnd und den Wahnsinn!-
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