1856 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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sich in Mitten verwachsener Wälder und baumhoher Farrenkräuter die Königs-
palme. Lianen verbind.en die Gipfel der Bäume und bilden dichte Wölbun-
gen, unter denen Papageien flattern. Orangen-, Bananen-, Citronen- und Gra-
natbäume, Zucker- und Kaffeepflanzungen bedecken den Boden. Tausende von
Thierstimmen tönen aus den Wäldern; die klagende Stimme der Turteltaube,
das betäubende Geschrei der Papageien und der liebliche Ton der amerikani-
schen Spottdrossel, welche die Stimmen aller Vögel nachahmt, vermischt sich
mit dem Geschrei der Vierfüßler.
Aus solchen lieblichen Eilanden besteht West-Indien, das Columbus zuerst
auffand. Als er landete, traf er ein eigenthümliches Menschengeschlecht, meist
von gelbbrauner oder rother Farbe, welches auf einer niederen Stufe der Bil-
dung stand. Es zerfiel in zwei Gattungen; die eine war sanften Sinnes, die
andere, die Kariben, kriegerisch, wild, sogar Menschen freffend.
Jetzt sind die Ureinwohner fast ausgestorben. Sie sind der grausamen
Behandlung der Europäer erlegen. Die Kariben wurden von besonders dazu
abgerichteten Bluthunden zu Tode gehetzt. Da es an Menschenhänden zur Be-
bauung der Ländereien fehlte, so fing der Sklavenhandel an zu blühen, und an
die Stelle der Rothhäute traten unglückliche Schwarze, welche ein grausames
Loos zu dulden hatten. Nicht selten entsprangen die Gemißhandelten ihren Her-
ren und zogen sich in die Wälder und Berge zurück, wo sie gefährliche Räu-
berbanden bildeten, welche oft nur mit Mühe bezwungen werden konnten.
Erst in diesem Jahrhundert hat England die Sklaverei abgeschafft und auf
seinen Besitzungen den Sklaven die Freiheit geschenkt. Ehe aber diese That der
Menschlichkeit geschah, hatte sich schon die Mission der verachteten und mißhan-
delten Schwarzen angenommen.
Die Brüdergemeinde trat zuerst auf den Plan; ihre Boten zogen aus, um
den Sklaven das Evangelium zu verkündigen. Viele wurden in dem ungesun-
den Klima eine Beute des Todes. Bald erscholl die-Predigt des göttlichen
Wortes auch von englischen Missionaren. Viele Neger, die wieder menschliche
Herzen fanden, wurden gewonnen. Freilich hat die Mission noch heut mit dem
Mißtrauen der Sklavenbesitzer zu kämpfen; sie fürchten, die Neger möchten
durch die Wirksamkeit der Missionare zu Aufruhr und Empörung gebracht wer-
den. Dennoch nimmt das gute Werk einen erfreulichen Fortgang.
7. 5üd-Amerika.
Süd-Amerika besteht aus mehreren Staaten. Im Osten dehnt sich das
große Brasilien aus; an der Westküste liegt das goldreiche Peru, Boli-
via, Chili und Quito; an der Nordküste liegt Neu-Granada, Venezuela
und nördlich von Brasilien Guyana. Auch am La Plata-Strome haben sich
Staaten gebildet. Der südlichste Theil Süd-Amerikas heißt Patagonien. —
Süd-Amerika war lange im Besitz der Spanier und Portugiesen, die es
schrecklich aussogen. Ueberall schlug die katholische Kirche feste Wurzel. Die
Ureinwohner sind entweder vernichtet oder in die Wälder zurückgedrängt. Ganze
Stämme sind in den Bergwerken zu Grunde gegangen, in denen sie von den
Europäern zu harter Arbeit gezwungen wurden. — In diesem Jahrhundert
haben die Staaten Süd-Amerikas sich von Spanien unabhängig gemacht.