1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
11
trugen Bevenken, ihn marschiren zu lassen; allein seines Volkes Wohl
galt ihm mehr als das eigene Leben. In dieser Ueberzeugung sprach
er: „Es ist jetzt nicht gut, krank zu sein. Gott wird mir zu den ent-
scheidenden Augenblicken Kraft geben, und wenn er dann die Krast von
mir nimmt, nachdem die Freiheit errungen ist, so ist der Gewinn doch
groß genug, um einige Jahre des Lebens dafür hinzugeben." Zur
Fastenzeit im Jahre 933 stand er bei dem Dorfe Keuschberg,
2 Stunven von Merseburg, dem Feinde gegenüber. Blutroth leuchtete
des Nachts der Himmel von den vielen brennenden Städten und
Dörfern, welche die Hunnen angezündet hatten. Heinrich ordnete seine
Truppen, befahl seinem Sohne Otto, mit 2000 Mann Reiterei sich
in eine Vertiefung zu verbergen, um nöthigen Falls dem Gegner in den
Rücken zu fallen, und wendete sich also an seine Soldaten: „Krieger!
seht, dort glüht der Himmel blutigroth. Eure Habe ist's, die jetzt auf-
lodert. Was sucht ihr, wenn ihr umkehrt und flieht? Eure Hütten?
— Sie liegen in Asche. Eure Weiber? — Sie sind gemißhandelt.
Eure Kinder? — Sie sind ermordet. Euren Gott? — Seine Altäre
sind umgestürzt. Krieger! der Tag der Vergeltung ist gekommen.
Seid Männer und betet zu dem dort oben, der Hilfe sendet in der
Stunde der Noth." Morgens 5 Uhr begann der Angriff. Mit Un-
gestüm drangen die Feinde vorwärts. Schon 10 Stunden dauerte
die Schlacht und schon wollte die Sonne untergehen, als Heinrich's
Truppen zurückwichen. Da sprengte der König mit seinem Rosse eiligst
zu den Seinen, um ihnen Muth einzuflößen. Aber vergebens. In
dieser Noth dachte Heinrich an seinen Sohn Otto und an dessen 2000
Reiter. Plötzlich schickte er einen Reiter zu diesem mit dem Befehle,
den Feind im Rücken anzugreifen. Schnell war der Prinz da, die
Feinde kamen in Unordnung, flohen, und der Sieg war auf Heinrich's
Seite. 40,000 Hunnen lagen auf dem Schlachtfelde, 50,000 geriethen
in die Gefangenschaft, denen — grausam genug — Hände und Füße
abgehauen, oder die Nasen abgeschnitten wurden. Die Sachsen und
Thüringer trugen zu diesem Siege durch ihre Tapferkeit das Meiste
bei. Heinrich vergaß es nicht, Gott zu danken. Am Altare in der
Domkirche zu Merseburg siel er auf seine Kniee nieder, und auf dem
Chore sang man das Lied: Herr Gott, dich loben wir! Auch ließ
er in dem Dorfe Keuschberg eine Kirche bauen, um das Andenken an
die Hunnenschlacht zu bewahren. Noch jetzt wird in der genannten
Kirche die Geschichte jener Begebenheit jährlich am Kirchweihfeste von
der Kanzel herab vorgelesen.
Heinrich sorgte nun dafür, daß die verwüsteten Gegenden wieder
angebaut wurden. ' Ueberall zeigte er sich als Vater seines Volkes.
Sein Ende fühlend, ordnete er noch Manches weislich an, tröstete aus