1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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seine Besitzungen an seinen Schwager Ladislav, König von
Böhmen, zu verschenken, sobald er bei seinem Tode keine Erben
hinterlassen sollte. Friedrich erfuhr solche Bosheit und ver-
langte deshalb von seinem Bruder, dass er den Unruhstifter
Apel von Vitzthum entferne. Allein Wilhelm gab ihm zur Ant-
wort, dass er eher selbst das Land räumen wolle, als seinen
treuen Vitzthum entlassen. Nun drang der Churfürst Friedrich
mit 18,000 Mann in Thüringen ein. Seine Soldaten liessen es
an nichts fehlen, was den Krieg für die armen Thüringer
schrecklich machte; denn die Kirchen wurden geschändet, die
Städte und Dörfer in Asche gelegt und die Bewohner abscheu-
lich misshandelt. Ein Ritter, Namens Herrmann von Har-
ras, welcher auf Friedrich’s Seite stand, liess im feindlichen
Lande 60 Dörfer an einem Tage abbrennen. Man kann leicht
denken, dass die Gegner ein Gleiches thaten. Sie steckten
Dörfer und Städte in Brand; vorzüglich litten Naumburg und
Zeitz. Vor allen aber musste die Stadt Gera das Elend des
Krieges empfinden. Muthig vertheidigten sich die Bürger bei
dem ersten Angriffe der Feinde; allein als diese denselben wie-
derholten, fiel die Stadt den 30. October 1450 in ihre Hände.
Das war ein Jammertag für die Bürger zu Gera. Ohne alles
Erbarmen steckten die wilden Krieger die Stadt in Brand; mehr
als 5000 Einwohner wurden ermordet; Weiber, Mädchen und
unschuldige Kinder blieben nicht verschont, und wer noch das
Leben gerettet hatte, der sah sich seiner Wohnung und seiner
ganzen Habe beraubt. Solche Grausamkeit sahen alle Fürsten
mit Missfallen an. Dennoch setzten die Brüder den Streit fort.
Sie standen mit ihren Truppen unweit Gera an der Elster, um
eine grosse Schlacht zu liefern. Plötzlich trat ein Soldat aus
der Armee des Churfürsten Friedrich hervor mit dem Ver-
sprechen, dem Kriege ein schnelles Ende zu machen. „Wie
willst du das anfangen?“ fragte Friedrich. ,,Ich werde,“ ant-
wortete er, „meine Donnerbüchse auf das Zelt des Herzogs
Wilhelm richten und mit einem Schusse den Krieg beendigen.“
Der Churfürst wünschte aber den Tod seines Bruders nicht,
sondern sprach zu dem Soldaten: „Schiess wen du willst, nur
triff meinen Bruder nicht!“ Das war ein brüderliches Wort.
Wilhelm hörte bald davon und ward über die Sanftmuth Fried-
rich's so gerührt, dass er alles Zornes gegen ihn vergass und
sich geneigt zum Frieden zeigte. Beide Brüder kamen nun im
Angesicht ihrer Armeen zusammen, reichten sich die Hand,
versprachen sich gegenseitige Liebe und schlossen einen Was-