1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
30
39 Jahre regiert. Seinen Leichnam begrub man in der Schloßkirche
zu Wittenberg, die er hatte erbauen lassen.
Johann der Geständige.
Friedrich's des Weisen Nachfolger als Churfürst ward sein Bruder
Johann, geboren den 3o.juni 1468, und es ist schon erwähnt worden,
in welcher lobenswerthen Verträglichkeit beide Brüder mit einander
regierten und das Wohl ihrer Unterthanen beförderten. Der B est än -
d ige oder Standhafte wird er genannt, weil er ven Glauben, welchen
Luther von so manchen Irrthümern und schädlichen Grundsätzen ge-
reinigt hatte, mit solcher Treue ergeben blieb, daß ihn selbst der ange-
drohte Verlust seiner Erbländer nicht bewegen konnte, von der richtig
erkannten Wahrheit zu weichen. Als daher Kaiser Carl V. ihm sagen
ließ, er werde ihm die Besitzungen seines verstorbenen Bruders augen-
blicklich übertragen, wenn er von dem Bekenntniß der evangelischen
Lehre abtreten würde, so gab er die feste Antwort: „Ehe ich von der
Wahrheit der evangelischen Lehre wieder abtrete, eher will ich meinen
grauen Kopf mir vor die Füße legen lassen." Der Kaiser ehrte solche
Beharrlichkeit des Glaubens und erwiederte: „Nicht Kopf ab, mein
Fürst, nicht Kopf ab." Johann trat hierauf in die ihm gebührenden
Rechte ein. Von seinen Eigenschaften als Regent und Vater läßt sich
nichts als Gutes sagen. Mit der strengsten Rechtschaffenheit verband
er rühmlichen Heldenmuth. In seiner Jugend wohnte er vielen Feld-
zügen bei. Er kämpfte gegen die Türken, welche in Ungarn eingefallen
waren, und gab bei Eroberung der Stadt Stuhlweissenburg
Beweise von der größten Unerschrockenheit. Ebenso zeigte er seine
Tapferkeit in dem unglücklichen Bauernkriege, den der schwärmerische
Prediger Thomas Münzer angestiftet hatte. Weil er in seinen frü-
hern Jahren von seinem Vater streng angehalten worden war, sich
nützliche Kenntnisse einzusammeln, so forderte er auck ein Gleiches von
seinen Söhnen; denn er wußte es aus Erfahrung, daß ein Fürst nur
dann mit Nutzen regieren und durch verbreitete Aufklärung sein Volk
beglücken könne, wenn er selbst ein aufgeklärter Regent sei. Als ihm
daher einige vornehme Hofleute sagten, er möge doch seine Prinzen
nicht zu gelehrten Männern bilden, sondern sie in der Jagd, im Reiten
und in anderen ritterlichen Uebungen unterweisen lassen, beschämte er
ihre Thorheit durch die ehrenwerthe Aeußerung: „Die Dinge, von
denen ihr sprecht, lernen sie von sich selbst. Wie man zwei Beine über
ein Pferd hängen, des Feindes und der wilden Thiere sich erwehren,
oder einen Hasen fangen soll, das können meine Reiterjungen und
Jägerbuben auch, und das von sich selbst. Aber wie man gottselig
leben, weislich regieren und Leuten löblich vorstehen soll, dazu brauchen