1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Jahren 1521 mit auf den Reichstag zu Worms, und seinen Vater
begleitete Friedrich auf die Reichstage zu Speier 1529 und zu Augs-
burg 1530.
Johann Friedrich, der 1532 nach seines Vaters Tode die Chur-
würde erhielt, ward bei aller seiner Frömmigkeit einer der unglück-
lichsten Fürsten. Der damalige Kaiser Carlv. forderte nämlich, daß
nian den von Luther gereinigten Glauben nicht annehmen solle, und
zog daher gegen die protestantischen Fürsten, welche der Reformation
ergeben blieben, in das Feld. Friedrich, welcher viel lieber Land und
Leben hergegeben, als seine feste Ueberzeugung in der christlichen Reli-
gion geändert hätte, waffnete sich gegen diesen mächtigen Feind der
Kirche und hatte einen treuen Bundesgenossen an Philipp, dem Land-
grafen von Hessen. Allein er war kaum gegen den Kaiser gezogen, als
sein eigener Vetter Moritz, Herzog von Sachsen, ihm seine Länder
wegnahm, die er jedoch nach seiner schnellen Rückkehr bald wieder
eroberte. Im Jahre 1547 endlich drang Kaiser Carl selbst in Sachsen
ein. Friedrich setzte sich bei Mühlberg, einer Stadt an der Elbe,
fest, damit er seiner Hauptstadt und Festung Wittenberg nahe sei.
Hier glaubte er sich sicher, weil die Elbe daselbst gegen 3o0 Schritte
breit ist. Allein er fand sich entsetzlich getäuscht. Die kaiserlichen Trup-
pen, nebst der Armee seines Vetters Moritz, beliefen sich auf 36,000
Mann, während er kaum die Hälfte der Zahl nach commandirte. Ein
dicker Nebel machte es unmöglich, den Feind am jenseitigen Elbufer
zu sehen. Daher blieb der Churfürst ganz unbesorgt und wohnte Sonn-
tags den 24. April dem Gottesdienste andächtig bei. Auf einmal kam
die Nachricht, daß die kaiserliche Reiterei durch die Elbe geritten sei.
Ein treuloser Bauer nämlich, Barthel Strauch, hatte dem Feinde
aus schändlicher Rachsucht einen seichten Weg durch den Strom gezeigt,
weil ihm Friedrich's Soldaten ein Paar Pferde genommen hatten. Er
erhielt für seine schändliche That 100 Thaler und ein Bauergut. In
wenigen Augenblicken brachten die Feinde die unvorbereitete Armee der
Sachsen in Unordnung; die Flucht ward allgemein; der Churfürst
selbst ward von der Cavalerie umringt, nach tapferer Gegenwehr in
den Backen verwundet und gefangen. Er hatte sich ritterlich gewehrt,
so daß des Kaisers Bruder Ferdinand später selbst sagte: „Hätten
Alle gefochten wie der Churfürst, so wäre er schwerlich geschlagen und
gefangen worden." Vor den Kaiser geführt, bat er um ein fürstliches
Gefängniß; allein jener erwiederte stolz: „Ich will Euch halten, wie
Ihr es verdient habt!"
Der Kaiser rückte nun mit 3000 Mann vor die Festung Witten-
berg, wo sich die Churfürstin Sibylle nebst ihren Kindern aushielt;
die Stadt ergab sich sogleich, weil der Churfürst sich schon in der Ge-
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