1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
36
fangenschaft befand. Gegen diesen verfuhr Carl mit aller Härte und
sprach sogar den 10. Mai 1547 das Todesurtheil über ihn als einen
Rebellen aus, das aber auf Fürbitten des Herzogs Moritz bald dahin
abgeändert ward, daß Johann Friedrich die Churwürde und die damit
verbundenen Länder abtrat, die festen Städte Wittenberg und Gotha
übergab und versprechen mußte, den Kaiser auf seinen Reisen als Ge-
fangener zu begleiten. Weil der unglückliche Fürst in des Feindes
Gewalt war, so mußte er sich Alles gefallen lassen, was man von ihm
forderte. Indeß überall zeigte er den frömmsten Sinn, und selbst als
man ihm das Todesurtheil ankündigte, blieb er so unerschrocken, daß
er zu seinem Mitgefangenen, Herzog Ernst von B r a u n s ch w e i g,
mit dem er Schach spielte, ruhig sagte: „Weiter im Spiele!" Wegen
dieser Seelengröße, die ihn auch im größten Unglücke nicht verließ, er-
hielt er den Beinamen des Großmüthigen. Beweint von seinen
treuen Unterthanen, verließ er bald seine Residenz Wittenberg, nahm
von seiner weinenden Familie zärtlich Abschied und folgte dem Kaiser
5 Jahre und 4 Monate als Gefangener. An seine Stelle war der
Herzog Moritz von Carl V. zum Churfürsten ernannt worden, und so
kam seit der unglücklichen Schlacht bei Mühlberg die Churwürde Sachsens
von der ernestinischen auf die albertinische Linie. Sein Schicksal än-
derte sich, als Moritz 1552 gegen den Kaiser unerwartet zu Felde zog,
diesen beinahe gefangen nahm und von ihm den 2. Sept. 1552 die
Freilassung Johann Friedrichs bewirkte. Letzterer lebte nicht lange
mehr im Schooße seiner Familie. Er starb schon am 4. März 1554
zu Weimar und erreichte ein Alter von 50 Jahren. Seine ihn liebende
Gemahlin Sibylle ging ihm einige Tage im Tode voran. Beide Grab-
mäler findet man in der Stadtkirche zu Weimar.
Moritz.
Der Churfürst Moritz erblickte das Licht der Welt zu Freiberg
den 21. März 1521, wo sein Vater Heinrich der Fromme als
Herzog residirte. Dieser Heinrich war der Erste in der albertinischen
Linie, der nicht nur-selbst die evangelische Lehre annahm, sondern sie
auch in seinem kleinen Lande verbreitete. Freilich zog er sich dadurch
den Haß seines Bruders Georg des Bärtigen zu, welcher zu
Dresden wohnte und Luther und dessen Freunde durchaus nicht dulden
wollte; allein er blieb seiner Ueberzeugung treu. Als sein Bruder-
Georg den 17. April 1539 mit Tode abging, erbte er dessen große
Besitzungen, führte sofort in den neuerworbenen Ländern die Reforma-
tion ein und ließ sich in Dresden nieder. 1541 starb er daselbst, befahl
aber, daß er in Freiberg begraben werde, weil er diese Stadt immer
als eine ihm treue und ergebene gefunden hatte. Nach ihm übernahm