1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Unter allen Päpsten dehnte keiner seine Macht weiter ans, als Gre-
gor Vii., eigentlich Hildebrand genannt, der Sohn eines Schmiedes,
der von 1073 bis 1085 regierte. Von Kaisern und Königen forderte
er Unterwerfung. Als daher der deutsche Kaiser Heinrich Iv. sich ihm
widersetzte, that er diesen in den Bann, zufolge dessen ihm keiner seiner
Untergebenen mehr gehorchte, und er von aller christlichen Gemeinschaft
so lange ausgeschlossen blieb, bis ihn der Papst wieder zu Gnaden an-
nahm. Heinrich, dem es sonst nicht an Muth gebrach, unternahm im
Januar 1077 eine beschwerliche Reise über die Alpen nach Italien, um
seinen Feind um Verzeihung zu bitten. Gregor hielt sich damals zu
C a n o s s a in Toskana bei der Gräfin Mathilde auf. Hier ließ er
den Kaiser im härenen Bußgewande und mit bloßen Füßen mitten im
Winter 3 Tage ans dem Schloßhofe stehen, worauf er ihn endlich vor
sich ließ und ihm versprach, seine Angelegenheiten balvigst zu besorgen.
Derselbe Gregor befahl auch mit unerbittlicher Strenge, daß kein Geist-
licher heirathen solle. Mit gleicher Härte verfuhr gegen die christlichen
Länder der Papst Inno eenz Iii., der von 1198 bis 1216 den Stuhl
Petri einnahm. Furchtbar machte er sich durch die Strafe des In-
ter di et s oder des großen Bannes. Erging dieses über ein Land, so
wurden die Kirchen geschlossen, keine Sakramente verwaltet, keine
Glocken geläutet, die Altäre ihres Schmuckes beraubt und die Todten
nicht ans dem gewöhnlichen Gottesacker begraben. Eine neue Plage
brachte G r e g o r Ix. seit 1229 durch die Einführung derinquisi -
t i ott oder des Ketzergerichts, zufolge dessen alle Irrgläubige abscheulich
gemartert und zu einem qualvollen Tode verurtheilt wurden. 'Hundert-
tausende solcher Unglücklichen haben ans dem Scheiterhaufen ihr Leben
geendet. Natürlich war es, daß die Christen an der Heiligkeit der
Päpste dadurch irre wurden, denn Christus ging umher und that wohl.
Auch nahm man gerechten Anstoß an dem unsittlichen Lebenswandel,
den manche Päpste führten, uamentlich Alexander Vi. und
Julius Ii., die kurz vor der Reformation regierten. Man konnte sie
unmöglich für Stellvertreter Jesu halten, da der Erlöser ohne Sünde
war und getrost fragen konnte: ,,Wer unter euch kann mich einer
Sünde zeihen?" Kein Wunder also, wenn man es nach und nach ver-
suchte, sich von einer Herrschaft loszureißen, die eben so wenig in der
Bibel befohlen wird, als sie das Wohl der christlichen Kirche zur Ab-
sicht hatte.
Irrlehren und Mißbrauche unter den Christen.
Auch das Heiligste ist dem Mißbrauche unterworfen, sobald es
dem Menschen übergeben wird. Das erfuhr sehr bald die göttliche
Lehre, welche Jesus Christus den Menschen als ein Wort vom Himmel