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1. Der sächsische Kinderfreund - S. 65

1868 - Leipzig : Arnoldi
65 Der schlimmste darunter war das Jnquisitions-Gefängniß auf der Dominikaner-Insel, welches 2 Schuh 8 Zoll Breite, 6 Schuh Höhe und 7 Schuh Länge enthielt, und dessen Thüre und Fenstersteine sich seit 1827 zu Kostnitz in dem Saale befinden, wo die Kirchenversamm- lung 1415 gehalten ward. Vergebens beriefen sich seine Vertheidiger auf den Geleitsbrief; sie erhielten zur Antwort, Huß sei ein Ketzer; als solcher stehe er nicht unter dem Kaiser, sondern bloß unter der Kirche. Aus Besorgniß, es möchten seine Anhänger ihn mit Gewalt frei machen, brachte man ihn in ein Franziskaner-Kloster nahe am Bodensee, wo er in einem feuchten, finstern Keller schmachten mußte. Zum Glück für ihn waren seine Wächter gutmüthige Leute. In dieser ungesunden Luft ward der arme Mann bald krank, und er schrieb daher bei seinen Schmerzen: „Wenn ihr mich sehen solltet, ihr würdet mich bedauern. Nicht viel Ruhe läßt mir der Schmerz. Er preßt mich zusammen wie einen Wurm. So sehr muß ich mich krümmen und mich auf meinem elenden Lager herumwälzen." Man brachte ihn daher auf ein Schloß, um ihn für einen qualvollen Tod aufzubewahren. Benachrichtigt von dem Schicksale seines Freundes, erschien Hierony- mus von Prag; indeß man bewog ihn, umzukehren. Er wollte ganz Böhmen zur Rettung seines Lehrers auffordern. Ehe er aber die Gränzen seines Vaterlandes betrat, ergriff man ihn, schmiedete ihn an einen Wagen, brachte ihn nach Kostnitz, schloß ihn mit einer Kette um den Hals und sperrte ihn länger als ein Jahr in einen Thurm. End- lich erschien der Kaiser Sigismund selbst, um den Verhandlungen der Kirchenversammlung beizuwohnen, wo 34 Cardinäle, 20 Erzbischöfe, 160 Bischöfe, 250 Prälaten, 4 Churfürsten, 20 Herzöge, 80 Grafen, nebst einer unzähligen Menge von Mönchen und Geistlichen zugegen waren. Am 5. Juni 1415 ward Huß vor die Versammlung geladen. Seine Schriften wurden ihm vorgelegt, die er für die seinigen erkannte. Zum Widerrufe dessen, was er der Bibel und seiner Ueberzeugung gemäß gelehrt hatte, konnte ihn aber Niemand bringen. Wohl hatte dieß der Kaiser von ihm erwartet, und er sprach daher nach dem Ver- höre zu ihm: „Ich muß öffentlich bekennen, dir sicheres Geleit ertheilt zu haben, damit du hier ungehindert erscheinen konntest. Da ich aber dadurch die Strenge der Gerechtigkeit nicht hindern will, und ein Ge- leitsbrief keinen überwiesenen Ketzer schützen kann, so rathe ich dir, dich aller hartnäckigen Vertheidigung zu enthalten und dich der Kirchenver- sammlung zu unterwerfen. Im Gegentheil werde ich eher mit dieser meiner Hanv einen Scheiterhaufen anzünden, um dich zu verbrennen, ehe ich deiner Hartnäckigkeit mit einem Geleitsbrief durchhelfen will." Ruhig erwiderte Huß, er werde nur dann seine Meinung fahren lassen, wenn man ihn eines Besseren belehren würde. Otto, Kinderfreund. 5
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