Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Der sächsische Kinderfreund - S. 70

1868 - Leipzig : Arnoldi
70 derselben anzustellen. Er befragte daher den Dr. Staupitz, welcher sogleich den fleißigen und geschickten Mönch Luther in Vorschlag brachte. Der Churfürst willigte ein; 1508 ward Luther als Professor nach Wittenberg berufen. Es dauerte nicht lange, so gewannen die Studenten den neuen Lehrer lieb, weil er sich durch Fleiß und Gelehr- samkeit auszeichnete. Eben so wenig ließ der Stadtrath diesen ge- schätzten Mann unbeachtet, sondern er übertrug ihm das Predigeramt an der Stadtkirche. Luther fühlte sich allerdings dadurch geehrt; allein er hielt sich bei seiner Bescheidenheit noch nicht tüchtig zu diesem Amte. Er selbst äußerte sich darüber also: „Es ist wahrlich nicht eine schlechte Sache, an Gottes Statt mit den Leuten reden und ihnen predigen sollen." Sein Gönner Staupitz sprach ihm aber in folgenden Worten Muth ein: „Ihr müßt das Predigtamt annehmen; Gott hat große Geschäfte und braucht dazu Leute, wie ihr seid." Genug, Luther trat das Amt eines Stadtpredigers zu Wittenberg an. Und er wirkte mit großem Segen auf der Kanzel; denn, was er predigte, das bewies er aus dem göttlichen Worte. Dabei vernachlässigte er seine übrigen Pflichten keineswegs; er lehrte mit großem Beifall als Professor und blieb noch ein eifriger Mönch; denn noch immer wohnte er in der kleinen Zelle des Augustinerklosters zu Wittenberg. Di\ Staupitz erkannte deutlich, was er an Luther habe. Als daher ein schwieriges Geschäft in Ansehung der Augustinerklöster ab- zumachen war, so gab er Luthern den Auftrag, eine Reise nach Rom zu unternehmen. Letzterer reiste 1510 in Begleitung eines Ordens- bruders dahin ab. Als er die Stadt in der Ferne sah, fiel er auf die Erde, hob seine Hände auf und sprach: „Sei gegrüßet, du heiliges Rom!" Er ging andächtig in alle Kirchen, las mehre Messen, und es that ihm sehr leid, daß seine Aeltern noch lebten, weil er sie durch die Messen und andere gute Werke aus dem Fegefeuer erlösen wollte. Auch stieg er knieend die Pilatustreppe hinan, die aus dem Richthause zu Jerusalem nach Rom gekommen sein sollte, um dadurch Ablaß zu empfangen. Gleichwohl ries ihm eine innere Stimme zu: „Der Ge- rechte lebt seines Glaubens." Niemand konnte denken, daß diese Reise den ersten Grund zur Reformation legen würde; denn Luther sah zu seinem Erstaunen, welche Verschwendung am päpstlichen Hofe herrschte; auch überzeugte er sich von dem ungeistlichen Leben vieler Geistlichen. Wenn er vorher mit der tiefsten Achtung gegen den Papst erfüllt ge- wesen war, so fing er jetzt an, an der Heiligkeit desselben zu zweifeln, und er fühlte sich neu gestärkt, gegen die Mißbräuche der Kirche zu eifern und der Unwissenheit, in welcher das Volk lebte, zu steuern. Bei allen diesen Beobachtungen hatte er den Auftrag, den er von vr. Staupitz erhalten, zur besonderen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer