1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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nun bedrohte, nicht auf zu predigen. Der Schritt, den Eck gegen ihn
gethan hatte, machte ihn noch muthiger, und er ging so weit, daß er
am 10. December 1520 nicht nur die Bannbulle, sondern auch noch
andere Gesetze des Papstes vor dem Elsterthore zu Wittenberg ver-
brannte. Professoren und viele Studirende standen um ihn versammelt.
Er zündete ein Feuer an und warf die päpstlichen Schriften mit den
Worten, die wir im Buche Josua Cap. 7. V. 25. in ähnlicher Weise
finden, in die Flamme: „Weil du den heiligen Geist des Herrn be-
trübet hast, so betrübe und verzehre dich das ewige Feuer." Verlassen
stand nun Luther in der Welt. Dennoch fühlte er sich nicht von Gott
verlassen, weil er sich selbst fest auf Gott verließ. Genug, ein Rück-
schritt war jetzt nicht weiter möglich. Die römische Kirche stieß Luther
aus ihrer Gemeinschaft, damit er in vielen Ländern die gereinigte
Lehre Jesu und seiner Apostel wieder herstelle.
Luther wir- nach Worms berufen.
Nachdem der Kaiser Maximilian am 12. Januar 1519 gestorben
war, erhielt sein Enkel, der spanische König Karl V., die kaiserliche
Würde, wozu der Churfürst Friedrich der Weise sehr viel beigetragen
hatte. Der neue Kaiser wollte daher gegen Luther, den Friedrich so
hochschätzte, nicht streng verfahren, aber auch den Papst nicht beleidigen.
Deßhalb wurde ein Reichstag in der Stadt Worms am Rheine 1521
angeordnet, auf welchem Luther erscheinen sollte. Seine Freunde zeigten
sich sehr besorgt; sie riethen ihm ab, nach Worms zu gehen, damit er
nicht wie Huß auf dem Scheiterhaufen sterbe. Er antwortete ihnen:
„Und wenn sie ein Feuer machten, das zwischen Wittenberg und Worms
bis an den Himmel reichte, so wollte ich doch im Namen des Herrn
erscheinen, Christum bekennen und ihn walten lassen." Selbst sein
Landesherr fragte ihn, ob er die Reise wagen wolle. Entschlossen ließ
er ihm sagen: „Wenn ich berufen werde, so will ich mich eher lassen
krank hinführen, wenn ich nicht gesund kommen kann; denn es ist nicht
zu zweifeln, daß ich von Gott berufen werde, wenn mich der Kaiser
beruft. Wenn sie dort gewaltsam verfahren wollen, so muß die Sache
Gott befohlen werden. Gott lebt und herrscht noch, der die drei
Männer im feurigen Ofen erhalten hat; will er mich aber nicht er-
halten, so ist's um meinen Kopf eine schlechte Sache. Fliehen will ich
nicht; widerrufen aber viel weniger, so wahr mich mein Herr Jesus
stärkt." Am 6. März 1521 erhielt er die Einladung, binnen 21 Tagen
in Worms zu erscheinen. Zur Sicherheit erhielt er vom Kaiser einen
Geleitsbries, so wie auch von den Fürsten, durch deren Länder ihn sein
Weg führte. Ja der weise Friedrich soll den Kaiser vermocht haben,
auf den Vorbehalt, daß man einem Ketzer kein Wort zu halten brauche,