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1. Der sächsische Kinderfreund - S. 78

1868 - Leipzig : Arnoldi
78 Verzicht zu leisten. Sein Abschied von Wittenberg war ein Trauer- tag für die Bewohner der Stadt. Männer, Weiber und Kinder weinten, als der treue Lehrer sie verließ. Tausende strömten vor das Thor, um den frommen Mann zu segnen und ihn mit ihren Blicken so lange zu begleiten, bis er endlich aus ihren Augen verschwand. Eine gleiche Theilnahme fand er an den meisten Orten. Man kam aus fernen Gegenden, um den Mönch zu sehen, der es wagte, gegen die ungeheure Macht des Papstes sich aufzulehnen. Vergebens versuchten es seine Feinde, ihn unterwegs aufzuhalten, damit er am 21sten Tage Worms nicht erreichen und man ihn ungestört gefangen nehmen oder tödten könne, weil nach der angegebenen Zeit der kaiserliche Geleits- brief ungiltig war. Allein Luther setzte getrost seinen Weg fort, weil er im Namen Gottes ging. In der Nähe von Worms sendete sein Freund Spalatin, Hosprediger Friedrichs des Weisen, einen Boten an ihn ab und erinnerte ihn an die Gefahren, denen er entgegengehe. Luther blieb unerschütterlich und schrieb zurück: „Und wenn so viel Teufel in Worms wären, als Ziegel auf den Dächern, doch wollt' ich hinein." Luther in Worms. Es war den 16. April 1521, als Luther in Worms glücklich eintraf. Viele waren ihm eine Stunde weit zu Fuss und zu Pferde entgegengekommen;' die Strassen füllten sich mit Menschen, die den Mönch bewundern wollten, der die päpstliche Bannbulle in’s Feuer geworfen hatte. In dem Gasthause ward er von vielen vornehmen Herren bis in die Nacht besucht. Auch der Landgraf Philipp von Hessen kam zu ihm geritten, um ihn zu sehen. Beim Weggehn gab er ihm die Hand und sagte: „Habt ihr Recht, Herr Doctor, so helfe euch Gott.“ Schon am fol- genden Tage musste Luther vor der Reichsversammlung er- scheinen, die aus dem Kaiser und dessen Bruder, aus 6 Chur- fürsten, 24 Herzögen, 8 Markgrafen, 30 Bischöfen und andern grossen Herren bestand. Als er den schweren Gang unternahm, betete er: „0 Gott, du lebest, ich aber gehe und will sterben. Gerecht ist die Sache und dein ist sie. So geschehe es in dei- nem Namen!“ Vor der Menge Volkes konnte er nicht durch die Strassen zum Rathhause kommen; denilselbst die Dächer hatte man abgedeckt, um den seltenen Mann zu sehen. Man musste ihn durch mehre Gärten führen, um auf verborgenen Wegen in die Versammlung zu gelangen. Am Eingänge der Thür, wo ein tapferer Officier, Georg von Freundsberg, die Wache hatte, sprach dieser zu Luther, indem er ihn auf die Schulter
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