1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
81
nehmen; aber weil er die Jagd bloss für massige Leute geeig-
net fand, so schrieb er mehre Bücher, welche sein angefangenes
Werk förderten. Die wichtigste Arbeit blieb jedoch die, dass
er die deutsche Uebersetzung der Bibel anfing; denn
das Volk konnte nicht in der Bibel lesen, weil sie in der latei-
nischen Sprache abgefasst war. Den Anfang machte er mit
dem neuen Testamente, welches er noch auf seinem Schlosse
zu Stande brachte, so dass es am 21. September 1522 im Druck
erschien. Durch anhaltende Anstrengungen ward er kränklich;
der Teufel — so glaubte er — focht ihn an, und man sagt, er
habe sogar einmal das Tintenfass nach dem Satan geworfen.
Wenigstens zeigt man noch jetzt in der Stube, wo Luther
studirte, den Tintenfleck an der Wand. Weil Luther zu viel
arbeitete und krank wurde, unternahm er auf Anrathen der
Aerzte zu Eisenach öftere Reisen; er selbst war als Ritter ge-
kleidet, und man gab ihm einen verschwiegenen Reiter als
Begleiter mit. Auf diese Weise besuchte er während seiner
Gefangenschaft die Städte Gotha, Erfurt, Jena und selbst
Wittenberg. An letzterem Orte fürchtete er Unruhe, weil
man mit der Reformation zu rasch vorwärts ging.
Luther reist wieder nach Wittenberg.
Während Luther auf der Wartburg so eifrig für die Refor-
mation arbeitete, entstanden in Wittenberg Unruhen, die Alles,
was bisher geschehen war, hätten zerstören können. Schon
1521 lebten zu Zwickau im Erzgebirge unverständige Schwär-
mer, die sich für göttliche Gesandte erklärten, die Kindertaufe
verwarfen und verlangten, dass jeder erwachsene Christ noch
einmal getauft werden solle, weshalb man sie Wiedertäufer
nannte. Diese Schwärmer wared die beiden Tuchmachergesellen
Nicolaus Storch und Marcus St üb ner; mit ihnen verband
sich der unruhige Prediger Thomas Münzer. Sie trieben
ihren Unfug bald so weit, dass man sie aus der Stadt verwies.
Sie wendeten sich daher von Zwickau nach Wittenberg. Hier
fanden sie Manchen, der es mit ihnen hielt; besonders gefielen
einem Freunde Luther’s, D. Karlstadt, diese gewaltsamen
Neuerungen. Dieser ging in seiner Hitze, von vielen Studiren-
den und andern Personen begleitet, eines Tages in die Witten-
berger Schlosskirche, zerschlug mit ihnen die Bilder, riss die
Verzierungen von den Altären und trieb die Geistlichen, welche
sich gerade mit der Messe beschäftigten, mit Gewalt aus der
Kirche. Das war eine grosse Entweihung des Gotteshauses,
Otto, Kinderfreund. 6