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1. Der sächsische Kinderfreund - S. 99

1868 - Leipzig : Arnoldi
99 Um seinen Schmerz zu mildern, erhob er sich nochmals von seinem Lager, ging in der Stube auf und ab und betete: „In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöset, Herr, du treuer Gott." Bald klagte er über zunehmenden Schmerz; der Graf Albrecht und dessen Gemahlin brachten ihm allerlei Erquickung, und es wurden zwei Aerzte der Stadt gerufen. Alle Versuche blieben jedoch vergeblich, und als sich die Krankheit mehrte, sprach der Kranke mit Andacht: „O mein himmlischer Vater, mein Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi, du Gott alles Trostes, ich danke dir, daß du mir deinen Sohn Jesum Christum offenbaret hast, an den ich glaube, den ich gepredigt und bekannt habe, den ich geliebt und gelobt habe, welchen alle Gott- lose verfolgen und lästern. Ich bitte dich, Jesu Christe, laß dir meine Seele befohlen sein. O himmlischer Vater, ob ich schon diesen Leib lassen und aus diesem Leben hinweggeriffen werden muß, so weiß ich doch gewiß, daß ich bei dir ewiglich bleiben soll, und aus deinen Händen mich Niemand reißen kann." Nach diesem Gebet ward er still. Mau rief ihn, aber er antwortete nicht. Da redete ihn D. Jonas mit lauter Stimme an: „Ehrwürdiger Vater, wollt Ihr auf Christum und die Lehre, die Ihr gepredigt, beständig sterben?" Er gab ein deutliches Ja zur Antwort. Nun wandte er sich auf die rechte Seite, fing an zu ruhen, holte sanft Athem und entschlief friedlich in dem Herrn; dieß geschah des Morgens 2 Uhr am 18. Februar 1546, nachdem er 63 Jahre gelebt hatte. Vor Tagesanbruch erschienen 5 Grafen von Mansfeld nebst andern vornehmen Personen, um den Entschlafenen zu betrauern. Bis 9 Uhr ließ man ihn in seinem Sterbebette liegen; varauf hüllte man ihn in ein weißes Gewand und legte ihn in einen zinnernen Sarg. Am 19teu nachmittags 2 Uhr trug man die Leiche mit großer Feierlichkeit und geistlichen Gesängen in die Hauptkirche. Fürsten, Grafen und Herren sammt ihren Frauenzimmern und eine große Anzahl Volks befanden sich im Zuge. v. Jonas hielt dem Entschlafenen eine Leichenpredigt, worin er sagt, daß Martin Luther ein trefflicher Redner, ein gewaltiger Dolmetscher der ganzen Bibel und der Mann gewesen seh, von dem wir recht Deutsch reden und schreiben gelernt. Die Nacht hindurch ließ man die Leiche in der Kirche stehen und von 10 Bürgern bewachen. Weil indeß der Churfürst von Sachsen verlangte, daß Luther in Wittenberg begraben werden solle, so begleitete man den 20. Februar die Leiche mit aller Ehrwürdigkeit und mit christlichen Gesängen aus der Stadt Eisleben. In allen Orten, durch welche die Ueberreste des Verklärten getragen wurden, läutete man die Glocken. Endlich kam man am 22sten vor Wittenberg an. Am Thore standen sämmtliche Professoren und Studenten, der Rath und die Bürgerschaft, die Pre- 7 *
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